Korallenbleiche gefährdet Great Barrier Reef
13. März 2016Es gleicht einer Farbexplosion: Blaue, grüne, rote, braune und orangene Korallen strahlen im Licht der sich im seichten Pazifikwasser brechenden Sonne. Das Great Barrier Reef ist ein Ort von atemberaubender Schönheit und Vielfalt. Das weltgrößte lebende Ökosystem erstreckt sich auf einer Länge von 2000 Kilometer vor der australischen Nordostküste. In ihm leben 400 Korallenarten, 1500 Fischsorten und mehr als 4000 Weichtierspezies. Das Riff generiert Milliarden an Tourismuseinnahmen - jedes Jahr.
Aber das farbenprächtige Korallenriff ist in Gefahr: Wenn das Wetterphänomen El Niño in diesem Monat nicht nachlässt, dann droht dem Great Barrier Reef permanente Zerstörung, warnen australische Forscher. Hervorgerufen wird El-Niño durch die Veränderung von Wasser- und Luftströmungen in der Nähe des Äquators im und über dem Pazifik. Die Folge Die Wassertemperaturen steigen an.
Verheerendste Bleiche seit 15 Jahren erwartet
Korallen sind Tiere, die nur bei einer bestimmten Wassertemperatur überleben können. Sie bilden eine Symbiose mit einer Algenart, die im Korallengewebe wächst und unter anderem für die Färbung der Koralle verantwortlich ist. Erwärmt sich das Meer, stößt die Koralle die Algen ab. Das führt dazu, dass die Koralle ausbleicht und allmählich abstirbt.
Rund fünf Prozent der Korallen im Great Barrier Reef sind bereits ausgeblichen. Wissenschaftler fürchten, dass das Riff die schwerwiegendste Bleiche seit 15 Jahre erfahren wird.
Schwämme und Algen machen sich breit
Das, was gerade passiert, bezeichnen Forscher als die "dritte globale Korallenbleiche". Sie beeinträchtigt nicht nur Australiens berühmtes Riff: Die Bleiche begann bereits im Jahr 2014 an Riffen entlang der Küsten der USA. Vergangenes Jahr setze die Bleiche in Teilen des Roten Meers ein.
Claudia Pogoreutz forscht am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie in Bremen zur Korallenbleiche. Zwei Mal reiste sie 2015 nach Saudi-Arabien, um den Zustand eines Riffs dort zu dokumentieren. "Bei meiner ersten Reise waren die meisten Korallen zwar noch am Leben, aber komplett ausgeblichen", erzählt sie im DW-Interview. "Als ich zwei Wochen später noch einmal dort war, war bereits alles tot und von schleimigen Algen überzogen."
Wenn ein Riff erst einmal großflächiger Bleiche ausgesetzt ist und die Korallen abgestorben sind, kann es sich nur schwer wieder erholen. Algen und Schwämme, die schneller wachsen, erobern die frei gewordene Fläche. "Sobald das Riff komplett von Algen oder Weichkorallen überwuchert ist, ist es sehr schwer, wieder ein echtes Korallenriff daraus zu machen", sagt Pogoreutz.
Komplizierte Erholung
Damit sich das Riff regenerieren kann, müssen eine Reihe von externen Faktoren in Betracht gezogen werden: Durch Landwirtschaft und Abwassersysteme, beispielsweise von Hotels, werden viele Nährstoffe in das Meer gespült - sie fördern das Algenwachstum. Unvorsichtige Taucher schaden dem sensiblen Ökosystem, wenn die Teile der Korallen abbrechen. Der Klimawandel verstärkt die Auswirkungen von El Niño. Um die Riffe zu retten, muss also auch der globale CO2-Ausstoß reduziert werden.
"Innerhalb von fünf Jahren gab es zwei sehr starke El Niños - das ist sehr ungewöhnlich und sehr schlecht für die Korallenriffe", sagt Forscherin Pogoreutz. Im Jahr 1998 kam es zu der bislang schwerwiegendsten Bleiche, der sogenannten ersten globalen Korallenbleiche. Sie betraf Riffe in 60 Ländern. Die zweite globale Korallenbleiche fand 2009 und 2010 statt. Beide Male war auch das El-Niño-Phänomen ungewöhnlich stark ausgeprägt.
Der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration zufolge begann die aktuelle dritte globale Korallenbleiche Mitte 2014 und wird voraussichtlich bis 2017 andauern. "Das sind 2,5 Jahre und damit wäre es meines Wissens die längste jemals dokumentierte Bleiche", so Pogoreutz.
Korallenriffe bergen große Potenziale
Die Konsequenzen können verheerend sein, warnt die Forscherin - nicht nur für die zahlreichen Tier- und Pflanzenarten, die in den Riffen beheimatet sind. Weltweit seien eine halbe Milliarde Menschen auf gesunde Korallen angewiesen, sei es aufgrund ihrer Ernährung oder weil sie mit dem Tauchtourismus ihren Lebensunterhalt bestreiten. Sollten die Riffe absterben, könnten zudem ihre Häuser von den Wellen weggespült werden: "Korallenriffe schützen die Küste vor Erosion, weil sie die Wellen brechen. Dadurch reduziert sich die Wucht, mit der sie die Küste erreichen."
Die enorme Artenvielfalt der Riffe berge zudem ein riesiges pharmazeutisches Potenzial, so Pogoretz. Verschiedene Organismen und Mikroben würden momentan auf medizinische Wirkstoffe hin untersucht werden. Wissenschaftler hoffen, mit Hilfe der Riffe Mittel zu finden, um etwa HIV oder Krebs zu behandeln.