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Krim: "Wir sitzen im Dunkeln, das ist halb so schlimm"

Anna Meyer (kk)23. Dezember 2015

Rund einen Monat nach dem Blackout auf der Krim-Insel gibt es wieder Strom. Damals wurde der Notstand ausgerufen. Bis jetzt hat sich das Leben noch nicht normalisiert.

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Wenn es dunkel ist, erkennt man am Zugbahnhof von Simferopol nur die Uhranzeige
Bild: DW/A. Meyer

"Warum fährst du auf die Krim? Da ist es doch stockdunkel", fragt ein älterer Mann seinen Sitznachbarn im Bus. Er antwortet: "Ah, das ist alles halb so schlimm. Die machen das Licht ja schon wieder für drei bis vier Stunden an. Man kann damit leben." Die beiden Männer sind auf dem Weg von der ukrainischen Hauptstadt Kiew zur Krim-Halbinsel. Der Bus wird in der Krim-Hauptstadt Simferopol noch vor dem Morgengrauen ankommen. Die beiden werden also verstehen, was das mysteriöse Wort "Blackout", worüber seit Tagen auf der Krim gesprochen wird, wirklich bedeutet. Mischa kommt aus Sewastopol im Süden der Krim-Halbinsel und lebt zurzeit in Kiew. Er fährt auf die Krim zurück, um zu gucken, ob in seiner Wohnung noch alles in Ordnung ist. "Wir haben diese Probleme schon in den Neunziger Jahren überlebt, dann werden wir das jetzt auch überleben."

Die Ankunft: Nur die Uhr auf dem bekannten Turm am Hauptbahnhof und die Bögen am Eingang sind beleuchtet. Die Bögen werden in weiß, blau und rot beleuchtet; die Farben der russischen Flagge. Denn die Krim gehört nach Auffassung der Russischen Föderation seit dem Referendum im März 2014 zu Russland. Am Bahnhof gibt es zwar ein bisschen Licht, aber in den Straßen von Simferopol erkennt man Menschen erst aus einem Abstand von ein bis zwei Metern. Grund für die Dunkelheit ist die Sprengung von Stromleitungen am 22. November, die vom ukrainischen Festland zur Krim führten. Denn die Krim wurde auch nach der Annexion mit Elektrizität von der Ukraine versorgt. Für die Sprengung werden von russischer Seite Aktivisten der Krimtataren sowie ukrainische Nationalisten verantwortlich gemacht.

Russland wird jetzt die Krim mit Strom versorgen

Auf der Krim wurde nach diesem Vorfall der Ausnahmezustand verhängt. Das Leben auf der Halbinsel war für ein paar Tage so gut wie lahm gelegt. Die Regierung auf der Krim hat die rund 2,3 Millionen Bewohner mit Power-Generatoren versorgt. In größeren Städten wurden Strom und Wasser nach Uhrzeiten rationiert. Als Reaktion auf den Blackout kündigte Russland an, den Bau von russischen Stromleitungen zu beschleunigen. Geplant sind zwei unter Wasser verlaufende Leitungen mit jeweils zwei Strängen, die über die Meerenge von Kertsch, verlaufen. Die Meerenge ist rund vier Kilometer vom russischen Festland entfernt. Die erste Verbindung wurde mit einem Strang am 2. Dezember hergestellt. Dafür ist Präsident Wladimir Putin unangekündigt auf die Krim gekommen. Das russische Staatsfernsehen zeigte in einer Liveübertragung, wie Putin grünes Licht für die erste Stromversorgung aus Russland gab. Der zweite Strang wurde am 15. Dezember freigegeben. Die erste Leitung aus Russland versorgt die Krim also schon mit Strom. Die zweite Wasserleitung soll auch in zwei Schritten freigegeben werden. Das soll im April und im Mai 2016 passieren. Dann wäre die Stromversorgung durch Russland vollständig, heißt es.

Putin auf der Krim, Foto: TASS
Putin ist für die Eröffnung der ersten Strombrücke auf die Krim gereistBild: picture alliance

Das Leben geht irgendwie weiter

Das hat die Lage auf der Halbinsel zwar ein bisschen verbessert, aber das Leben hat sich noch nicht ganz normalisiert. In den großen Städten funktionieren die Ampeln und die Nachtbeleuchtungen wieder. Die Trolleybusse fahren wieder durch die Straßen und die meisten Cafés haben wieder bis 22 Uhr geöffnet. Auch der Schul- und Universitätsbetrieb wurde wieder aufgenommen. Trotzdem sind die Menschen dazu verpflichtet, Strom zu sparen.

Viele Einwohner fahren in das Stadtzentrum von Simferopol. Es ist zu einer Art Gewohnheit geworden, weil es dort im letzten Monat immer mal zentrale Punkte mit Stromzugang gab. Einige kommen hier hin, weil sie sich zu Hause ohne Strom unwohl fühlen. Die Studentin Mascha bereitet sich gerade in einem Café für ihre Vorlesungen vor: "Irgendwie mag ich die Situation. Ich verbringe mehr Zeit mit meinen Freunden. Wir treffen uns persönlich und hängen nicht den ganzen Abend im Internet ab." Das sieht Oleg anders, er ist Unternehmer und mit der Situation gar nicht zufrieden. "An allem sind die Politiker Schuld. Sie haben sich nie auf diese Situation vorbereitet. Die Ukrainer haben uns schon lange vorher gewarnt, dass es irgendwann keinen Strom mehr vom Festland geben werde."

Foto: Reuters
Die Krim taucht ins Dunkle abBild: Reuters/P. Rebrov

Die Einwohner auf der Krim haben sich mit der Situation abgefunden und machen schon Witze darüber. Nach der Annexion der Krim sind viele ukrainische Lebensmittel aus den Supermärkten verschwunden. In den größeren Läden findet man noch Mineralwasser und Majonäse vom ukrainischen Festland. Ebenso findet man auch noch Süßigkeiten von Roshen, das ist die Schokoladenfabrik vom ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Interessanterweise werden diese Süßigkeiten aber in einer Fabrik in Russland hergestellt. Also witzeln die Händler in etwa so: "Wenn wir unsere Süßigkeiten über russische Umwege bekommen, dann kann man ja auch eine Lösung für Strom finden, oder?"