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Krise in der Luftfahrtbranche reicht rund um den Globus

31. Oktober 2001

Seit den Terroranschlägen von New York und Washington wird die Luftfahrtbranche täglich von neuen Hiobsbotschaften aufgeschreckt.

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Bild: AP

Die großen US-Airlines verzeichneten im September einen Einbruch der Fluggastzahlen um mehr als 30 Prozent. United und American Airlines strichen deshalb jeweils 20.000 Stellen. Bei Delta sind 13.000 Entlassungen geplant, bei Continental 12.000, bei USAirways 11. 000 und bei Northwest 10.000.

British Airways (BA) als Branchenführer in Europa strich 7000 Stellen und pro Woche 190 Flüge; 20 Maschinen wurden aus dem Verkehr gezogen. Relativ glimpflich kamen bislang Deutsche Lufthansa und Air France davon. Bei Lufthansa selbst sind keine Stellenstreichungen vorgesehen, das Tochterunternehmen LSG Sky Chefs schickte 4800 US-Mitarbeiter in unbezahlten Zwangsurlaub. Lufthansa und Air France strichen zudem Flüge und verhängten Einstellungsstopps.

Am härtesten erwischte die Krise das Schweizer Traditionsunternehmen Swissair, das schon zuvor nach einer überzogenen Expansion ins Trudeln geraten war. Notdürftig soll Swissair bis Monatsende weitergeführt werden und wird dann voraussichtlich die erste Traditionsfluglinie sein, die in der gegenwärtigen Krise untergeht. Mindestens 2650 Stellen dürften wegfallen.

Die niederländische KLM plant, 2500 Stellen zu streichen und für 12.000 Beschäftigte Kurzarbeit anzusetzen. Scandinavian Airlines System (SAS) will bis zu 1100 Stellen einsparen. Das Schicksal der belgischen Fluggesellschaft Sabena, einer Swissair-Tochter, ist in der Schwebe; 1400 Stellen sollen wegfallen.

Luftfahrtindustrie

Der Rückgang der Fluggastzahlen schlägt sich in kürzester Zeit auf die Industrie nieder. Boeing als weltgrößter Produzent von Passagiermaschinen kündigte die Entlassung von bis zu 30.000 Mitarbeitern an. Der kanadische Flugzeugbauer Bombardier will 3800 Stellen streichen.

Die Auswirkungen der Krise auf den europäischen Boeing-Konkurrenten Airbus und dessen Mutterkonzern EADS sind noch nicht klar. Die Lufthansa will derzeit keine Festbestellungen für das neue Airbus-Großraumflugzeug A380 abgeben. Die Notierung der EADS-Aktie sank auf die Hälfte des Wertes vor dem 11. September.

Die mittelfristigen Wirkungen auf die gesamte Tourismusbranche sind noch kaum absehbar. Viele Fluggesellschaften erhöhten die Ticket-Preise, um steigende Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen wieder hereinzubekommen. Lufthansa und Deutsche BA erheben einen Ticket-Zuschlag von acht Dollar (gut 17 Mark/8,76 Euro). Auch die Luftfrachtpreise wurden angehoben.

Staatliche Hilfen

Nach den ersten Einbrüchen griff der Gedanke um sich, der Luftfahrtbranche mit staatlichen Hilfen beizuspringen. Der US-Kongress billigte ein Hilfspaket von 15 Milliarden Dollar (31,9 Milliarden Mark/16,3 Milliarden Euro) für die US-Airlines. Darüber hinaus wurden drei Milliarden Dollar für die Verbesserung der Flugsicherheit bereit gestellt.

Der Pleite gegangenen Swissair sagte die Regierung in Bern einen Überbrückungskredit von bis zu 450 Millionen Franken (595 Millionen Mark/304 Millionen Euro) zu. Damit soll der Flugbetrieb bis Monatsende aufrecht erhalten werden.

Die Haltung der Europäischen Union ist zurückhaltender. Die EU-Finanzminister sagten den europäischen Fluggesellschaften zu, die Haftung bei Drittschäden durch Krieg und Terror zu übernehmen. Das Angebot ist zunächst auf einen Monat befristet. Direkte Subventionen wie in den USA oder bei Swissair und Sabena werden jedoch kritisch gesehen.

Die vor zwölf Jahren privatisierte Air New Zealand (ANZ) wurde im Zuge der Krise von der Regierung in Wellington wieder verstaatlicht. Nachdem die privaten Großaktionäre kein frisches Kapital mehr zuschießen wollten, sprang der Staat mit Millionen-Hilfen ein.