1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

"Sie muss sich entschuldigen"

3. Mai 2017

Der Druck auf die Verteidigungsministerin wächst. In den vergangenen Tagen war Ursula von der Leyen mit den Soldaten der Bundeswehr hart ins Gericht gegangen. Nun sagen viele: Sie ist zu weit gegangen.

https://p.dw.com/p/2cGG7
Mali Bundeswehrsoldaten | Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Kritik kommt an diesem Morgen von allen Seiten. Nachdem Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Dienstagabend ihre Vorwürfe an die deutschen Truppen bekräftigt hatte, äußerten sich viele Politiker schockiert über ihre harten Worten. Andere fordern, die CDU-Ministerin müsse als Oberbefehlshaberin selbst Verantwortung übernehmen.

So auch Martin Schulz. "Ich finde, dass man in einer solchen Situation, in der solche Fälle auftreten, die politische Verantwortung nicht auf die Truppe abwälzen darf", sagte der SPD-Kanzlerkandidat im Interview mit WDR5. Vielmehr müsse man zu der politischen Verantwortung stehen - "und die liegt in der Regel beim Minister".

Kritik an der Kritik

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, distanzierte sich von dem Vorwurf von der Leyens, in der Bundeswehr mangele es an Führungsstärke. "Viele Soldaten tun heute im Einsatz und Grundbetrieb weit mehr als ihre Pflicht", sagte der SPD-Politiker der "Passauer Neuen Presse".

Ihre Pauschalkritik sei in der Truppe heftig aufgenommen worden, erklärte auch SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold. "Es war falsch, es hat Vertrauen zerstört, und es war auch unnötig", sagte er im ARD-Morgenmagazin. Anschließend habe von der Leyen ihren Fehler nicht eingestanden, sondern nur "wachsweich" zu relativieren versucht. Der Zeitung "Die Welt" sagte Arnold: "Sie muss sich entschuldigen." Dass rechtsextreme Fälle in der Bundeswehr zunähmen, müsse allerdings ernst genommen werden. Es sei nun an von der Leyen, die Mängel in der Bundeswehr konsequent anzugehen.

Aufklärung oder Ablenkung?

Dass dies geschieht, bezweifelt Christine Buchholz von der Linken. Die Bundestagsabgeordnete begrüßte zwar, dass von der Leyen ihre Reise in die USA für diesen Mittwoch abgesagt habe, um die jüngsten Geschehnisse in der Bundeswehr aufzuklären. "Wenn es wirklich so ist, dass nach der Absage der Reise Aufklärung erfolgt, hätten wir etwas gewonnen." Die Ministerin sei inzwischen jedoch selbst zu sehr unter Druck geraten, meint Buchholz.

"Angesichts des schlechten Krisenmanagements von Ursula von der Leyen ist es eine absolute Selbstverständlichkeit, dass sie jetzt nicht Richtung USA abhebt", findet Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger. die Ministerin müsse alle Fakten schonungslos auf den Tisch legen und eigene Versäumnisse ehrlich benennen. "Stattdessen versucht sie in einem durchsichtigen, panischen Manöver mit markigen Pressestatements die Verantwortung einfach von sich wegzuschieben."

Frankreich  Illkirch-Graffenstaden Bundeswehr Soldaten vom Jägerbataillon 291
Hat der Rechtsextremismus am Bundeswehr-Standort Illkirch System? Bild: Getty Images/AFP/F. Florin

"Ein echtes Problem"

Anlass für die parteiübergreifende Kritik sind Ursula von der Leyens Vorwürfe an die eigenen Soldaten. Bereits am Sonntag hatte die Verteidigungsministerin der Bundeswehr mangelnde Haltung und Führungsschwäche vorgeworfen. Am Montagabend ergänzte sie in einem Interview mit der ARD, in vielen Bereichen gebe es offenbar kein klares Verständnis davon, wann die Grenze zum Extremismus und zu überzogener Härte und Schikane überschritten sei. die Bundeswehr habe "ein echtes Problem".

Die Ministerin bezog sich vor allem auf die rechtsextreme Haltung des inhaftierten Franco A., die offenbar seit Jahren bekannt war. Der Offizier hatte sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und plante offenbar einen Anschlag. Von der Leyen reist an diesem Mittwoch zum Standort der deutsch-französischen Brigade nach Illkirch bei Straßburg, wo Franco A. zuletzt stationiert war.

Es ist jedoch nicht der einzige Fall, der die Bundeswehr derzeit in ein schlechtes Licht rückt. In den Elitekasernen Pfullendorf, Bad Reichenhall und Sondershausen müssen sich Soldaten wegen Erniedrigung, sexueller Herabwürdigung und Schikane verantworten.

nin/hk (dpa, afp, rtr, kna)