Kälte und Frust in griechischen Lagern
6. Dezember 2016"Wir haben noch nie unter so schlechten Bedingungen leben müssen - nicht einmal mitten im Krieg." Das sagt die 37-jährige Zarifa* aus Afrin in Syrien. Sie lebt mit ihrer Familie in Nea Kavala, einer Flüchtlingsunterkunft, die die griechische Regierung in einem ehemaligen Militärflughafen errichten ließ. Nachdem das provisorische Camp in Idomeni aufgelöst wurde, wurden tausende Flüchtlinge von der griechischen Regierung in neue Unterkünfte gebracht.
"Als wir hier ankamen, war es sehr schwierig", erzählt Zafiras Ehemann Idris*. "Aber wir müssen einfach weiterkämpfen." Obwohl er und seine Familie in einer kleinen von der UN errichteten Hütte leben, fehlt es ihnen am nötigsten, unter anderem am Strom.
Das Problem besteht im ganzen Lager. Die Menschen vor Ort haben ihren eigenen Weg gefunden, um an Elektrizität zu kommen. Ohne Schutzkleidung und entsprechende Werkzeuge haben sie die Stromleitungen angezapft - trotzdem gibt es im Camp regelmäßig Stromausfälle.
"Die Polizei kommt fast jeden Tag und sagt uns, wir sollen keinen Strom mehr abzapfen. Sie sagen, sie kümmern sich um das Problem. Doch bisher ist nichts passiert. Wir können nicht ohne Strom leben", sagt Nawras*, ein Student aus Daraa in Syrien. Er erzählt, dass das Kabel, mit dem sie abzapfen, einmal in einer Pfütze lag: "Wir wissen, dass es gefährlich ist. Aber bisher gab es keinen Unfall." Sie hätten Glück gehabt, so Nawras.
"Wir sind dem Krieg entflohen, um in Sicherheit leben zu können", sagt Zarifa. "Doch hier stecken wir mitten in einem neuen Krieg. Es ist ein psychologischer Krieg, mitten im Nichts."
Zeltwände gegen die Kälte
Und dabei ist Nea Kavala noch eines der positiven Beispiele. In Karamanlis leben 328 Menschen. In der Unterkunft auf einem alten Fabrikgelände gab es trotz eisiger Temperaturen lange keine Heizung - gerade fängt der Einbau an - und fast kein warmes Wasser. Die 14-jährige Yamama* führt über das Gelände, vor einem Gebäude draußen bleibt sie stehen: "Das sind sie, in diesen beiden Gemeinschaftsbädern gibt es warmes Wasser."
Auch Ahmet* lebt in Karamanlis. Ihm macht die Kälte in der Nacht besonders zu schaffen: "Sie haben Decken verteilt, aber das hilft nicht. Die Zelte sind dünn - nur ein Stück Stoff. Es gibt keine Wände, die uns vor der Kälte schützen können." Ahmet erzählt, dass manche elektrische Heizgeräte in ihre Zelte gestellt haben: "Doch sie wissen gar nicht, wie man sie richtig benutzt, irgendwann wird es vielleicht einen Unfall geben."
Frühe Warnungen
Hilfsorganisationen hatten die griechische Regierung schon vor Monaten über die Zustände in den Camps informiert - doch mit wenig Erfolg. Ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums erzählt, dass den Behörden die Situation vor Ort bewusst gewesen sei, als sie die Unterkünfte errichteten - mitten auf dem Land und oft in alten Fabrikgebäuden. "Man hätte ein höheres Budget gebraucht, um auch Heizungen und Strom zu installieren", so der Mitarbeiter, der seinen Namen nicht veröffentlicht sehen will.
Man hätte all die Probleme, die mit den Lagern in den entlegenen Gegenden einhergehen, zuvor mit in Betracht ziehen müssen, so der Informant: "Man wusste bereits vorher, wie die klimatischen Bedingungen vor Ort sind und welche Mindestanforderungen es gibt." Doch viele Unterkünfte seien aus der Not heraus schnell heraufgezogen worden.
Bäume schützen vor Regen
Die Unterkunft in Lagkadikia sollte eines der Hauptregistrierzentren der Region werden - mit allem, was man braucht, um in Würde leben zu können. Doch auch Lagkadikia ist weit davon entfernt, diesen Anspruch zu erfüllen. Auch hier leben die Menschen seit Monaten in provisorischen Zelten und ohne Heizung.
Bakir* ist neu in Lagkadikia. Bevor er nach Griechenland kam, hat er bereits in anderen Unterkünften in Mazedonien und Thessaloniki gelebt. Die Verhältnisse seien hier zwar besser als in den bisherigen Camps, aber gerade angesichts des nahenden Winters weit davon entfernt, human zu sein. Er zeigt auf ein paar Zelte, die unter Bäumen stehen. Diese seien etwas geschützt vor dem Regen. Aber viele andere Zelte stehen frei herum. Ein Gutes gebe es hier zumindest, so Bakir: "Hier ist es sicherer als in den anderen Lagern, in denen ich bisher gelebt habe."
* Die Namen einiger Flüchtlinge wurden geändert.