Berlin kritisiert Polizeibegriff "Nafris"
2. Januar 2017Das Bundesinnenministerium sieht den von der Kölner Polizei während ihres Großeinsatzes in der Silvesternacht verwendeten Begriff "Nafris" kritisch. Dies sei "keine offizielle Sprachregelung oder ein offizieller Begriff, den wir verwenden würden", sagte Ministeriumssprecher Johannes Dimroth in Berlin.
Die Kölner Polizei hatte am Abend des 31. Dezember über Twitter mitgeteilt: "Am HBF (Hauptbahnhof) werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft. Infos folgen." Der Begriff "Nafri" wird im Polizeijargon intern für "nordafrikanische Intensivtäter" verwendet.
Innenministerium weist auf Rechtslage hin
Dimroth sagte zu dem Vorwurf, die Polizei habe in Köln Nordafrikaner diskriminiert, man werde "sehr genau schauen müssen, ob an dieser Behauptung etwas dran ist". Kontrollen, die nur an die äußere Erscheinung von Personen anknüpften, ohne dass "weitere verdichtende polizeiliche Erkenntnisse" dazu kämen, seien rechtswidrig.
Wegen der massenhaften sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht 2015 in Köln, für die hauptsächlich junge Männer aus dem nordafrikanischen Raum verantwortlich gemacht werden, hatte es jetzt beim Jahreswechsel einen Großeinsatz der Polizei gegeben.
Rund 1.000 junge Männer, vornehmlich ais Nordafrika, waren an der Anreise zum Dom gehindert worden. Kritiker warfen der Polizei vor, sogenanntes "racial profiling" praktiziert zu haben. Dabei werden Menschen nur aufgrund ihres Aussehens kontrolliert.
Polizeichef weist Vorwürfe zurück
Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies bedauerte die Verwendung der Bezeichnung "Nafris" in dem Tweet, verwahrte sich aber gleichzeitig gegen Rassismusvorwürfe im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz. Die Bundespolizei habe aus den Zügen gemeldet, dass "hochaggressive" Gruppen nach Köln unterwegs seien. Die Polizei habe dann das Gruppenverhalten und auch das Verhalten einzelner Personen beobachtet und davon ausgehend kontrolliert, erläuterte Mathies.
"Keine grauhaarigen Männer"
"Es ist nun mal so, dass gerade auch aus den Erfahrungen der vergangenen Silvesternacht, aus Erfahrungen, die wir durch Razzien insgesamt auch gewonnen haben, hier ein klarer Eindruck entstanden ist, welche Personen zu überprüfen sind", sagte der Polizeichef. "Es waren keine grauhaarigen älteren Männer oder blondhaarigen jungen Frauen."
Ausgelöst hatte die Kontroverse die Co-Vorsitzende der Grünen, Simone Peter. Sie hatte sich in der Zeitung "Rheinische Post" aus Düsseldorf kritisch über gezielte Kontrollen von Nordafrikanern geäußert und erklärt: "Völlig inakzeptabel ist der Gebrauch von herabwürdigenden Gruppenbezeichnungen wie 'Nafris' für Nordafrikaner durch staatliche Organe wie die Polizei."
Streit unter Grünen
Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, ging auf Distanz zu ihrer Parteikollegin. "Es war richtig, schnell und präventiv zu reagieren und die Sicherheit aller Menschen in Köln zu gewährleisten", sagte Göring-Eckardt den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". "Dass die Menschen in Köln in diesem Jahr friedlicher feiern konnten und sich die Übergriffe des letzten Jahres nicht wiederholten, ist auch der gut vorbereiteten Polizei zu verdanken", fügte die Grünen-Politikerin hinzu. Es sei "besorgniserregend, wenn dennoch - wie im vergangen Jahr - verabredete Gruppen aggressiv auftreten".
Peter rudert zurück
Nach parteiinterner Kritik revidierte Peter später ihren Standpunkt. Auf ihrer Facebook-Seite schrieb sie am Montag: "Es war richtig, hier schnell und präventiv zu reagieren und die Sicherheit aller Menschen in Köln zu gewährleisten".
Ihren Sinneswandel erläuterte sie der Deutschen Presse-Agentur so: "Am Sonntag gab es Äußerungen aus Polizeikreisen, die bei mir die Frage aufkommen ließen, ob die Polizei alleine nach dem Aussehen geurteilt hat. Die Kölner Polizei und auch das Bundesinnenministerium haben jetzt klargestellt, dass es nicht so war, sondern dass es auch andere Anhaltspunkte gab, zum Beispiel aggressives Verhalten".
wl/kle (dpa, afp,epd)