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Lagarde ruft zum Dialog im Handelsstreit auf

Mischa Ehrhardt
12. Juni 2019

Zentral- und osteuropäische Staaten haben in der Vergangenheit ökonomisch viel erreicht. Rückschläge drohen nun angesichts des zunehmenden Protektionismus und der Handelskonflikte - etwa für die Autoindustrie.

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Münchner Europa-Konferenz mit Lagarde
Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Die meisten werden, wenn die Rede von einem Autoland ist, in Europa nicht in erster Linie an die Slowakei oder Tschechien denken. Das sollte man aber mittlerweile. Denn nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist die Slowakei, gemessen an der in der Autobranche arbeitenden Menschen, der zweitgrößte Autoproduzent der Europäischen Union. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben die Staaten aus der sogenannten CESEE-Region (Central, Eastern and Southeastern European Economies), also aus Ost und Zentraleuropa, ihren weltweiten Exportanteil an Autos und Autoteilen vervierfacht - von 2,5 auf 10 Prozent.

Deswegen würden sich die von den USA angedrohten Strafzölle auch auf diese Länder auswirken. Analysen des IWF haben ergeben, dass beispielsweise Tschechien an vierter Stelle der Länder Europas stünde, die die Autozölle am meisten treffen würden. Im Zuge des Handelskonfliktes hatte US-Präsident Donald Trump mit 25-Prozentigen Strafzöllen auf europäische Autos und Autoteile gedroht, weil diese aus seiner Sicht eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellten.

Slovakei  - Volkswagen Slovakia: Werk Bratislava
Arbeitsplatz für 14.000 Menschen: Das VW-Werk in BratislavaBild: Volkswagen AG

Gefahr für funktionierende Ketten

Zwar exportieren die CESEE-Länder kaum direkt Fahrzeuge oder Autoteile in die USA. Allerdings sind sie mittlerweile wichtige Zulieferer für Autoproduzenten in anderen europäischen Ländern. Kurz: Da die Wertschöpfungsketten über fast alle Länder gehen, wäre auch kaum ein Land von Strafzöllen für die europäische Autoindustrie ausgenommen. "Wenn ein Glied in der Wertschöpfungskette bricht, wird das ganze Netzwerk die Wirkung spüren", warnte IWF-Chefin Christine Lagarde auf einer Veranstaltung am Mittwoch in Frankfurt am Main vor den Folgen, sollten die Handelskonflikte zwischen den USA, China und Europa weiter eskalieren.

Um ein halbes Prozent würden die Handelskonflikte und Strafzölle die jährliche weltweite Wirtschaftsleistung senken, hatte die IWF-Chefin unlängst gesagt.  Deswegen hat Lagarde nun in Frankfurt erneut und eindringlich zum Dialog aufgerufen. "Wir müssen jede Anstrengung unternehmen, um den aktuellen Handelskonflikt zu entschärfen und den konstruktiven Dialog fortzusetzen. Und wenn wir das selbst nicht können, sollten wir wenigstens andere dazu motivieren, dies zu tun."

Der Aufruf zum Dialog richtet sich nicht zuletzt natürlich an die Adresse des Weißen Hauses in Washington. Dort hat Präsident Donald Trump erst zu Wochenbeginn seine Drohungen gegen China wiederholt und verschärft. Das Schwierige an der Situation: China und die USA liegen mit ihren Forderungen und Sichtweisen ziemlich weit auseinander.

"Alle müssen sich bewegen"

Zwischen Europa und den USA sind die Gräben vordergründig zwar nicht so tief. Doch der "konstruktive Dialog", um in den kommenden Monaten die angedrohten Autozölle vom Tisch zu bekommen, wird ebenfalls schwierig werden. Denn die Amerikaner wollen im Gegenzug etwa auch über Agrarzölle und -subventionen sprechen. Doch das lehnen die Europäischen Länder, allen voran Frankreich, entschieden ab. "Die Amerikaner werden diese festgefahrene Verhandlungssituation aufbrechen wollen. Und da eignen sich Autozölle am besten", sagt der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer. "Denn die Amerikaner wissen, dass die Autoproduktion für den Euroraum und für die Europäische Union sehr wichtig ist."

Um weiteren Schaden abzuwenden, müssen sich also offenbar alle Seiten bewegen und Kompromisse finden. Wohl auch deswegen wandte sich Christine Lagarde schließlich indirekt auch an die Adresse Chinas. "Nötig ist auch, auf den verzerrenden Einfluss von staatlichen Subventionen zu schauen, geistige Eigentumsrechte zu stärken und freien Wettbewerb zu garantieren." Denn das Beilegen der Handelskonflikte setze voraus, dass man sich möglichst auf allen Seiten auf gemeinsame Handelsregeln einigt. Andernfalls, so Lagarde, dürften die Konflikte sich bald verstärkt negativ auf die Volkswirtschaften auswirken: In den CESEE-Staaten ebenso, wie in anderen Ländern Europas und der Welt.