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Lagarde will die Zinsen weiter anheben

18. November 2022

Beim Frankfurter Bankenkongress hat sich Europas oberste Währungshüterin zur Zinspolitik geäußert. Sie kündigte einen maßvollen, vorhersehbaren Bilanzabbau an und sagte, die Zinspolitik bleibe das wichtigste Instrument.

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Christine Lagarde Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB)
EZB-Präsidentin Christine Lagarde geht davon aus, "dass wir die Zinsen weiter anheben."Bild: Hannes P Albert/dpa/picture alliance

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird laut Präsidentin Christine Lagarde auf ihrem Zinserhöhungskurs im Kampf gegen die hohe Inflation nicht nachlassen. Dabei müsse die EZB womöglich in Kauf nehmen, dass durch die Schritte die Wirtschaftsaktivität gedämpft werde, sagte sie am Freitag auf dem European Banking Congress in Frankfurt.

"Wir gehen davon aus, dass wir die Zinsen weiter anheben - und die Konjunkturförderung zu entziehen ist womöglich nicht ausreichend." Wie weit die EZB dabei gehen werde und mit welchem Tempo, werde durch den Inflationsausblick bestimmt.

Die Notenbank werde dafür sorgen, dass sich die zu hohe Inflation nicht in den Inflationserwartungen festsetzt. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter - zugleich die letzte in diesem Jahr - ist für den 15. Dezember geplant.

EZB -Hauptgebäude in Frankfurt am Main
Wie weiter mit der Geldpolitik der EZB? Hauptgebäude in Frankfurt am MainBild: Frank Rumpenhorst/dpa/picture alliance

Zinsen gegen die Inflation

Die Inflation im Euro-Raum ist angefeuert durch den Preisschub bei Energie mittlerweile zweistellig. Im Oktober lag die Teuerung bei 10,6 Prozent - das höchste Niveau seit Gründung der Währungsunion 1999. "Wir gehen davon aus, dass wir die Zinsen weiter auf das Niveau anheben werden, das nötig ist, um sicherzustellen, dass die Inflation rechtzeitig zu unserem mittelfristigen Ziel von zwei Prozent zurückkehrt", sagte Lagarde.

Die EZB hat im Kampf gegen den anhaltenden Inflationsschub innerhalb weniger Monate die Zinsen bereits dreimal erhöht. Im September und Oktober hatte die EZB die Schlüsselsätze sogar um jeweils besonders kräftige 0,75 Prozentpunkte nach oben gesetzt.

Neutraler Bereich fast erreicht

Dadurch liegt der Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank bekommen und der am Finanzmarkt als der wichtigste Zins gilt, inzwischen bei 1,5 Prozent. Noch im Juni hatte dieser bei minus 0,5 Prozent gelegen - was Strafzinsen für die Institute bedeutete.

Mit einem Niveau von 1,5 Prozent liegt der Satz inzwischen bereits am Rand des sogenannten neutralen Zinses, der eine Volkswirtschaft weder bremst noch anfeuert. Denn die meisten Schätzungen von Ökonomen für den neutralen Zins liegen zwischen 1,5 und 2,0 Prozent.

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing lobte Lagarde für das Umsteuern: "Ich möchte Sie zu der Art und Weise beglückwünschen, wie es Ihnen gelungen ist, die Geldpolitik umzukrempeln."

Deutsche Bank Chef Christian Sewing
Deutsche--Bank-Chef Christian Sewing lobt Lagartde und fordert eine höhere WettbewerbsfähigkeitBild: dpa

Wettbewerbsfähigkeit stärken

Über den Kampf gegen die Inflation hinaus sieht Christian Sewing dringenden Bedarf, den europäischen Kapitalmarkt wettbewerbsfähiger zu machen. Europa müsse "dringend umsteuern, wenn wir die Zukunft Europas nicht in erster Linie von ausländischen Banken finanzieren lassen wollen", mahnte der Deutsche Bank-Chef, der auch Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) ist.

"Wir brauchen eine Agenda 2030 für Europa. Und der allererste Schritt muss sein, dass wir endlich einen echten europäischen Heimatmarkt schaffen", forderte Sewing. Ohne eine deutliche Steigerung privater Investitionen könne Europa nicht wettbewerbsfähig sein. "Wir werden weder die nachhaltige Transformation meistern noch technologisch mithalten können", warnte Sewing. "Deshalb ist es so wichtig, die Kapitalmarktunion endlich voranzutreiben, um einen liquiden und attraktiven Markt für in- und ausländische Investoren zu schaffen."

Notenbank auf Normalisierungskurs

Lagarde machte in ihrer Rede zudem klar, dass die EZB auch den Abbau ihrer durch die jahrelangen Kaufprogramme angeschwollenen Anleihebestände in Angriff nehmen wird. "Die Zinsen sind das Hauptwerkzeug für die Anpassung unserer geldpolitischen Ausrichtung und werden das auch bleiben", sagte die Notenbankchefin. Die EZB müsse aber auch ihre anderen Instrumente anpassen und auf diese Weise die geldpolitischen Impulse durch die Zinspolitik verstärken. So sei es angemessen, die Notenbankbilanz maßvoll und in einer vorhersehbaren Weise zu normalisieren.

Im Dezember werde die EZB dazu wichtige Weichenstellungen beschließen, sagte Lagarde. Die Euro-Notenbank hat zunächst die Bondbestände aus dem älteren Anleihenkaufprogramm APP im Blick, mit dem sie in den Jahren ab 2015 die Konjunktur und die Inflation anschieben wollte.

Laut EZB-Vizechef Luis de Guindos will die Notenbank im kommenden Jahr mit dem Abschmelzen beginnen. Mit den flexiblen Reinvestitionen beim Pandemie-Kaufprogramm PEPP will die EZB weiter fortfahren, wie Lagarde sagte. Für dieses Kaufprogramm stellt die EZB bislang in Aussicht, dass auslaufende Anleihen bis mindestens Ende 2024 wieder vollständig ersetzt werden.

dk/hb (rtr, dpa)