Lage in Kiew spitzt sich zu
20. Januar 2014Auch der Start in die neue Woche begann in Kiew mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Oppositionellen und Sicherheitskräften. Medienberichten zufolge versammelten sich 3000 radikale Regierungsgegner in der Hauptstadt und rüsteten sich für neue Proteste gegen die russlandtreue Führung.
Die prowestlichen Demonstranten vermummten sich mit Gasmasken und bewaffneten sich mit Holzknüppeln und Steinen, mit denen sie die berüchtigte Polizeieinheit "Berkut" (Steinadler) attackierten.
Justiz spricht von Landesverrat
Die ukrainische Justiz hat die blutigen Straßenschlachten als Landesverrat eingestuft und vor einer Bedrohung der nationalen Sicherheit gewarnt. Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka forderte die prowestliche Opposition um Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko auf, unverzüglich ihre Anhänger zum Abzug aus dem Stadtzentrum aufzurufen. "In der Ukraine kann und darf das Gesetz nicht als Geisel für politische Ambitionen und Rache gehalten werden, hieß es in einer Mitteilung des obersten Ermittlers.
Klitschko seinerseits forderte hingegen alle Ukrainer auf, sich an den friedlichen Protesten in der Hauptstadt anzuschließen. "Ihr werdet hier gebraucht, damit die Ukraine gewinnt und nicht Janukowitsch", sagte er in einer Videoansprache.
Präsident Viktor Janukowitsch bezeichnete die Ausschreitungen in der Hauptstadt Kiew als "Bedrohung für die ganze Ukraine". An dem von ihm veranlassten Vermittlungsausschuss wird er jedoch nicht persönlich teilnehmen.
In dem Gremium sollen Vertreter des Präsidialamtes und der Regierung sowie Oppositionelle einen Ausweg aus der Krise suchen. Das erste Treffen war für Montagabend geplant.
Prominente Unterstützerin
Unterstützung erhielten die Regierungsgegner von der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko. "Wenn ich in Freiheit wäre, wäre ich bei Euch", ließ sie ihre Mitstreiter in einem am Montag veröffentlichten Aufruf wissen.
Die Ex-Regierungschefin rief die Demonstranten dazu auf, für die Freiheit zu kämpfen. Timoschenko sitzt derzeit eine umstrittene siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs ab.
Internationale Sorge
Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, sagte in Berlin, die Bundesregierung verfolge die Entwicklung in der Ukraine mit großer Sorge. Allerdings sehe man auch die Gewalt der Demonstranten mit einer "gewissen Traurigkeit". "Die Bundesregierung verurteilt jegliche Gewalt", sagte Seibert, und forderte alle Seiten auf, von Gewalt Abstand zu nehmen und in einen Dialog einzutreten.
Bundesaußenminister Steinmeier sagte am Rande des EU-Außenministertreffens in Brüssel, er sehe keine kurzfristige Lösung. Gemeinsam mit seinen europäischen Amtskollegen forderte er die Regierung in Kiew auf, ein umstrittenes Gesetzespaket zur Beschneidung des Demonstrationsrechts wieder zurückzunehmen, weil damit die Versammlungs- und Meinungsfreiheit sowie die Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen bedeutend eingeschränkt würden.
mak/djo (afp, dpa)