Laschet lehnt Regeln für Meinungen im Netz ab
28. Mai 2019Im Interview mit DW-Chefredakteurin Ines Pohl sagte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet zur Diskussion um das CDU-kritische YouTube-Video vor der Europawahl: "Egal, ob einem das gefällt oder nicht, das ist Teil von Meinungsfreiheit." Daran dürfe man nicht rütteln.
Im Grundgesetz, das gerade 70 Jahre alt ist, sei festgeschrieben, dass jeder Bürger in vielfältigen Formen das Recht habe, seine Meinung zu äußern. YouTube sei ein neues Medium, das man damals nicht kannte, aber das man sicher gemeint hätte, sagte Laschet. Eine Äußerung in den Sozialen Medien sei kein Journalismus. "Das ist Meinungsäußerung, und Meinungsäußerung kennt keine Regulierung", betonte Laschet.
"Deshalb muss man auch das hinnehmen, darüber diskutieren, Formen erörtern, wie eine Partei auf so etwas antworten kann." Die Politik müsse Wege finden, wie sie auf Meinungsäußerungen in den Sozialen Medien reagiere und sie müsse Wege finden, sich in der Welt der jungen Leute zu artikulieren.
Laschet räumte im Gespräch mit DW-Chefredakteurin Pohl ein, dass die Auseinandersetzung seiner Partei mit dem YouTuber Rezo "nicht optimal gelaufen" sei. Sauer sei er auf Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer wegen ihrer Reaktion auf das YouTube-Video nicht, sagte Laschet auf eine entsprechende Nachfrage Pohls.
Rückendeckung von der Jungen Union
Der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, stellte sich hinter die Parteichefin. Er bekräftigte, die Meinungs- und Pressefreiheit gelte auch im Internet. "Für die CDU ist das Thema unserer Freiheit und unserer Werte eins der Kernthemen", sagte Kuban im Deutschlandfunk. "Deswegen werde ich das nie in Frage stellen, und ich bin mir sehr sicher, dass auch Annegret Kramp-Karrenbauer das nicht tut, sondern da falsch interpretiert worden ist."
AKK präzisiert ihre Äußerungen
Auch die CDU-Vorsitzende selbst bemüht sich nach dem Wirbel um ihre Äußerungen zur Meinungsmache im Internet um Schadensbegrenzung. "Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt werden wir alle in der CDU immer verteidigen", erklärte Kramp-Karrenbauer in Berlin. In der aktuellen Debatte gehe es "nicht um Einschränkung der Meinungsfreiheit".
Ihr gehe es vielmehr um die Frage des "Umgangs miteinander", bekräftigte Kramp-Karrenbauer. "Gerade in kontroversen Zeiten, etwa in einem Wahlkampf, tragen wir alle dafür eine Verantwortung, wie wir miteinander diskutieren und wie sich politische Meinung bildet."
Es gehe zudem darum, "wie sich Kommunikation und auch politische Kultur durch Soziale Medien verändern", fügte Kramp-Karrenbauer hinzu. Diese Debatte sei "nicht neu, sondern werde bereits breit in Parteien, der Wissenschaft, Gesellschaft und Medien geführt und gefordert".
Kramp-Karrenbauer hatte zuvor mit einer Forderung nach Regeln für Meinungsäußerungen im Netz vor Wahlen für Wirbel gesorgt. Angesichts der CDU-kritischen Wahlaufrufe von YouTubern vor der Wahl am Sonntag beklagte die Parteichefin "klare Meinungsmache". Es stelle sich die Frage, "was sind eigentlich Regeln aus dem analogen Bereich und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich". Später präzisierte sie, es gehe ihr um "Regeln, die im Wahlkampf gelten".
Nach der Äußerung der CDU-Chefin über "Internet-Meinungsmache" haben mehrere Zehntausend Bürger eine Petition für Meinungsfreiheit unterzeichnet.
qu/gri (DW, rtr, afp, dpa)