Leitzinserhöhung der EZB geht weiter
4. August 2006Normalerweise tritt der EZB-Rat in den Sommerferien nur per Telefonkonferenz zusammen. Dass sich die Währungshüter am Donnerstag (3.8.) alle in Frankfurt einfanden und schon im voraus eine Pressekonferenz angekündigt hatten, deutete bereits auf eine Zinserhöhung hin. Seit Ende 2005 hob die EZB den Leitzins damit in vier Schritten um einen Prozentpunkt an.
Bessere Konjunktur heißt: Zinsen hoch
Grund für die Zinserhöhung: Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank fürchten angesichts der besseren Konjunktur, hoher Ölpreise und bevorstehender Steuererhöhungen eine wachsende Inflationsgefahr. Die Zinsen sind nach den Worten von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet auch nach der jüngsten Erhöhung noch niedrig und stützen das Wachstum weiter. Auch die meisten Analysten sehen die Konjunkturentwicklung durch die Zinserhöhung nicht in Gefahr.
"Vor dem Hintergrund der recht guten Konjunkturdaten bei gleichzeitig erhöhten Inflationsrisiken ist diese Zinserhöhung angebracht", sagt Christoph Balz von der Commerzbank. "Die Teuerungsrate liegt aktuell über dem Niveau, das die EZB anstrebt. Daher musste sie handeln, damit die Rate wieder in einen Bereich zurückkommt, mit dem sie zufrieden sein kann", sagt Balz.
Inflation vom Ölpreis getrieben
Ziel der EZB ist es, die Jahresteuerungsraten unter zwei Prozent zu halten. Doch das ist der Notenbank schon lange nicht mehr dauerhaft gelungen: Vor allem wegen der hohen Energiepreise liegt die Inflationsrate seit geraumer Zeit einige Zehntel über zwei Prozent. Im Juli lag sie gar bei 2,5 Prozent.
Gegen hohe Ölpreise könne die EZB nichts machen, sagt Christoph Balz von der Commerzbank. Sie könne aber darauf hinwirken, dass es nicht zu so genannten Zweitrundeneffekten kommt, das heißt, "dass aufgrund gestiegener Ölpreise und höherer Teuerungsraten die Inflationserwartungen zulegen und dann über höhere Löhne und Kosten eine Lohn-Preisspirale in Gang kommt", so der Zinsanalyst.
Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht
Claudia Wind von der Landesbank Hessen-Thürigen (Helaba) glaubt, dass es mit den Zinserhöhungen weitergehen wird. "Wir erwarten spätestens im Oktober die nächste Zinserhöhung. Danach gehen wir aber davon aus, dass sich die EZB dann mal zurücknimmt und schaut, wie ihre Geldpolitik bis jetzt gewirkt hat. Wir glauben, dass die EZB zum Jahreswechsel, wenn ja auch die Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland ansteht, wieder ein bisschen Tempo rausnimmt", sagt die EZB-Expertin.
Volkswirte erwarten bis zum Jahresende eine Zinserhöhung auf bis zu 3,5 Prozent. "Damit würde die EZB ein mehr oder weniger neutrales Niveau der Geldpolitik erreichen", sagt Holger Bahr von der Dekabank und erklärt: "Neutrales Niveau bedeutet, dass die Geldpolitik die Konjunktur weder positiv noch negativ beeinflusst - sie steht dann weder mit dem Fuß auf dem Gas und beschleunigt die wirtschaftliche Aktivität noch drückt sie auf die Bremse." Ein neutrales Niveau wäre für ein moderates, durchschnittliches Wachstumstempo wichtig, "das dann auch hoffentlich über mehrere Quartale beibehalten werden kann", so Dekabank-Volkswirt Bahr.
Blick über den Atlantik
Nach der erwarteten Entscheidung der EZB blicken die weltweiten Finanzmärkte jetzt in die USA: Dort wird die Zentralnotenbank Fed am kommenden Dienstag (8.8.) entscheiden, ob sie die Zügel erneut anzieht. Diesmal sind sich die Analysten uneins darüber, ob die Zinsen nochmals um25 Basispunkte auf dann 5,5 Prozent steigen oder bei 5,25 Prozent bleiben. Seit Monaten sorgen die steigenden Kreditkosten für schlechte Stimmung an den Aktienmärkten. Größte Sorge ist dabei, dass die Zinserhöhungen das Wirtschaftswachstum in den USA abwürgen könnten.
Das, was sich in den USA tut, wird auch in Europa - und auch von der EZB - genau verfolgt. "Wenn die Fed die Zinsen demnächst senken sollte, weil sie eine sich stark abschwächende US-Konjunktur sieht, dann könnte das die EZB auch beeinflussen", sagt Christoph Balz von der Commerzbank. "Nicht, weil die Fed die Zinsen senkt, sondern weil die Entwicklung in den USA auch für die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum eine wichtige Determinante ist."