Feuerpause, kein Waffenstillstand
22. Mai 2007Den dritten Tag in Folge haben sich die libanesischen Streitkräfte und die Miliz der radikal-islamische Organisation Fatah al-Islam heftige Kämpfe geliefert. Die libanesische Armee hat am Dienstag (22.5.07) erneut Stellungen mutmaßlicher Extremisten in dem palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared angegriffen. Die staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete, die Armee versuche, Stellungen der Fatah al-Islam unter ihre Kontrolle zu bringen. Zur Verstärkung kamen weitere Einheiten der Streitkräfte in den Norden des Landes. Bei den Kämpfen in dem Lager waren am Montag erneut Dutzende von Menschen getötet worden.
Am Mittag haben die extremistischen Milizen am Dienstag eine Feuerpause verkündet. Sie sei um 13.30 Uhr MESZ in Kraft getreten, sagte ein Sprecher der Fatah al-Islam. Er betonte: "Dies ist kein Waffenstillstand, dies eine Feuerpause." Sie solle es lediglich ermöglichen, Verwundete aus den umkämpften Flüchtlingslagern zu holen und die Bewohner mit Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten zu versorgen. Die libanesische Armee erklärte, solange nicht auf die Soldaten geschossen werde, halte sie sich an die Feuerpause.
Hoffen auf Waffenstillstand
Palästinensische Organisationen bemühen sich um die Vermittlung eines Waffenstillstands. Der Vertreter des Islamischen Dschihads, Abu Ahmed Rifai, sagte, dass die Fatah al-Islam zugesichert habe, die Feindseligkeiten einzustellen und sich von der Frontlinie zurückzuziehen. Ein Sprecher der Fatah al-Islam, Abu Salim, warnte jedoch vor einem das ganze Land erfassenden Bürgerkrieg, falls die Belagerung des Flüchtlingslagers nicht eingestellt werde. "Es ist ein Kampf auf Leben und Tod", sagte Abu Salim der Nachrichtenagentur AP. "Sie wollen die Fatah al-Islam auslöschen. Wir werden antworten und wir wissen, wie wir antworten werden."
Wieder Anschlag in Beirut
Die libanesische Hauptstadt Beirut war am Montagabend von einem Bombenanschlag erschüttert worden. Mindestens zehn Menschen wurden bei der Explosion der Autobombe verletzt. Der Anschlag ereignete sich in der Nähe eines Einkaufszentrums im überwiegend von sunnitischen Muslimen bewohnten Stadtteil Verdun. Umliegende Gebäude wurden schwer beschädigt, dutzende Autos brannten aus.
Humanitäre Notlage
Bewohner des Flüchtlingslagers richteten über das Fernsehen Hilfsappelle an die Außenwelt. Die Verletzten würden nicht versorgt. Die Menschen hätten kaum noch Nahrung und Wasser. Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge UNRWA forderte einen baldigen Waffenstillstand. Nach Inkrafttreten der Feuerpause könne das Hilfswerk Wasser und Lebensmittel liefern und sich um den Abtransport von Toten und Verletzten kümmern, sagte der UNRWA-Direktor im Libanon, Richard Cook.
Die Stromversorgung im Flüchtlingslager war nach Angaben des palästinensischen Roten Kreuzes völlig zusammengebrochen. In dem Flüchtlingslager leben 31.000 Menschen. (kas)