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Linke Tasche rein, rechte Tasche raus

21. Oktober 2009

Ein Streitpunkt weniger: Die künftigen Koalitionäre haben sich offenbar beim Thema Steuersenkungen geeinigt. Doch ob für die Bürger am Ende tatsächlich mehr Geld übrig bleibt, ist unklar. Denn: die Pflege wird teurer.

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FDP-Chef Guido Westerwelle, Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Seehofer (Foto: AP)
Immerhin beim Steuerthema herrscht jetzt wohl EinigkeitBild: picture alliance/dpa

Man sei sich über Steuersenkungen einig, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer nach mehr als achtstündigen Koalitionsverhandlungen am Mittwochabend (21.10.2009) in Berlin. Einzelheiten zur Größenordnung nannte er nicht. Der CSU-Chef fügte aber hinzu, natürlich messe er sich "an dem, was wir im Kern den Menschen versprochen haben". Er ergänzte: "Ich bin sehr zufrieden."

Doch ob die Bürger am Ende tatsächlich mehr Geld in der Tasche haben werden, ist überhaupt nicht sicher. Denn die Koalition plant offenbar auch, eine zusätzliche Pflichtversicherung einzuführen, mit der die Pflege im Alter finanziell abgesichert werden soll. Sie soll als kapital-gedeckte private Vorsorge für die Versicherten verpflichtend sein. Die Arbeitgeber sollen sich daran nicht, wie bei der bestehenden umlagefinanzierten Pflegeversicherung, beteiligen müssen.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast kritisierte die Pläne für die Pflegeversicherung als sozial ungerecht. "Das heißt dann, ein Vorstandsvorsitzender, Anwälte, die Friseurin, die Altenpflegerin, die Erzieherin - alle sollen den gleichen Betrag einzahlen in die Pflegeversicherung. Wir wollen auch im Bereich Pflege ein solidarisches Prinzip."

AKWs werden länger laufen

Einig waren sich Union und FDP darüber, dass die Finanzaufsicht künftig bei der Bundesbank angesiedelt wird. Klar ist auch: Die Atomkraftwerke werden länger laufen, als es das derzeit gültige Gesetz vorsieht. Auf genaue Fristen legten sich die künftigen Koalitionäre aber noch nicht fest. Das Verbot, neue Kernkraftwerke zu bauen, soll bestehenbleiben. Die längeren Laufzeiten werden an "strengste Kriterien" geknüpft. Zudem soll die Industrie mehr Geld für die Erforschung von Alternativ-Technologien bereitstellen.

Neue Milliardenschulden

Der Runde lag eine erste Langfassung des Koalitionsvertrages vor, die mehr als 300 Seiten umfassen soll. In den nächsten Tagen soll der Text nun gekürzt werden. Vor allem müssen sich die künftigen Partner noch über die strittigen Punkte sowie die Personalien einigen.

Hermann Otto Solms (Foto: AP)
Wird als möglicher Finanzminister gehandelt: FDP-Politiker Hermann Otto SolmsBild: AP

Besonders heikel: die Pläne für den künftigen Haushalt. Union und FDP erwägen, die Finanzlöcher bei der Kranken- und Arbeitslosenversicherung über neue Schulden in Milliardenhöhe zu stopfen. Diese zusätzlichen Schulden sollen allerdings nicht im Bundeshaushalt auftauchen, sondern sozusagen ausgelagert werden - in einem so genannten Sondervermögen. Grund für diesen Buchungstrick: Die Regierung ist durch die neue Schuldenbremse im Grundgesetz gezwungen, die Neuverschuldung einzuschränken - durch die Auslagerung kann dies vorerst umgangen werden.

Die Pläne wurden sowohl von der künftigen Opposition als auch von Wirtschaftsvertretern scharf kritisiert. Der parteilose Berliner Finanzsenator Ulrich Nußbaum sagte: "Die Pläne in Sachen Schattenhaushalt könnte man als Bilanzfälschung definieren."

Die Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) wies den Vorwurf zurück, einen "Schattenhaushalt" aufzubauen. FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms sagte: "Es ist kein Schattenhaushalt, es ist ein Nebenhaushalt." Beschlossen sei aber noch nichts.

Autor: Manfred Götzke (dpa, rtr,ap)

Redaktion: Hans Ziegler