London will doch weiter über Brexit verhandeln
21. Oktober 2020Die Verhandlungen würden am Donnerstag in London wieder aufgenommen, teilte ein Sprecher von Premierminister Boris Johnson mit. Es gebe zwar noch "erhebliche" Differenzen in den "schwierigsten Bereichen", doch die Regierung sei bereit zu prüfen, ob diese überbrückt werden können.
Johnson hatte die EU vergangene Woche wissen lassen, dass die Gespräche de facto zu Ende seien, falls sich die Verhandlungsposition Brüssels nicht ändere. Damit werde es dann auf den sogenannten No-Deal-Brexit hinauslaufen. Die Rückkehr an den Verhandlungstisch begründete London jetzt mit einer Rede des EU-Unterhändlers Michel Barnier am Mittwochvormittag im Europaparlament.
Anerkennung der Souveränität
Barnier habe wichtige Punkte anerkannt, unter anderem den Respekt für die Souveränität Großbritanniens und die nötige Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten. Darüber hätten Barnier und der britische Unterhändler David Frost anschließend gesprochen. In dem Telefonat hätten sich beide auf eine neue Verhandlungsrunde vom 22. bis 25. Oktober in London verständigt.
Nervöse Wirtschaft
Aus EU-Sicht bleiben nur noch zwei bis drei Wochen, weil ein Vertrag noch vor Jahresende ratifiziert werden müsste. Auch die britische Seite signalisiert Interesse an einer schnellen Einigung. Denn die Wirtschaft auf beiden Seiten wird nervös. Befürchtet werden ein Rückgang des Handels, eine Unterbrechung von Lieferketten und der Verlust Zehntausender Jobs durch Zölle und Verzögerungen an den Grenzen. Barnier sagte, die EU sei bereit, die Gespräche zu intensivieren und rund um die Uhr zu verhandeln.
Am Jahresende läuft die Übergangsphase aus, in der Großbritannien noch freien Zugang zum EU-Binnenmarkt hat und Exporte aus der EU ins Vereinigte Königreich keinen Beschränkungen unterliegen. Ursprünglich wollten beide Seiten diese Übergangsphase nutzen, um ein Handelsabkommen zu schließen. Aber die Gespräche darüber kommen seit Monaten kaum voran.
uh/kle (dpa, afp, rtr)