Macron in Athen: Große Gesten, harte Arbeit
7. September 2017Er sucht die ganz großen Symbole: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will von Athen aus eine Botschaft nach ganz Europa senden. Auf dem Hügel Pnyx, auf dem sich schon die alten Griechen zu politischen Versammlungen trafen, will er über Europas Größe und Versagen gleichermaßen sprechen: über Eurokrise, Migration und Zukunft.
Als Wiege der Demokratie ist Griechenland Symbol für viele Dinge, für die auch die EU stehen will. Zugleich aber auch Symbol für die bisher tiefste Krise der Gemeinschaft. Macron will, dass die EU gestärkt aus dieser Krise hervorgeht: "Europa kann mehr" - so oder so ähnlich dürfte der Arbeitstitel für seinen heute beginnenden Griechenlandbesuch lauten. Zwei Tage veranschlagt Macron für diese Mission. Das ist ungewöhnlich lang angesichts seines innenpolitisch vollgestopften Kalenders. Aber es ist hier in Athen, und nirgendwo anders, wo er den großen Bogen spannen will.
Keine Scheu vor heiklen Themen
Doch vor den großen Worten, die Macron am Abend zur Zukunft Europas und der EU sprechen will, schiebt er noch eine Arbeitsschicht ein. Am Mittag wurde er von Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos mit militärischen Ehren empfangen. Am späten Nachmittag trifft er sich mit Ministerpräsident Alexis Tsipras im Palast Maximos. Dann werde es auch um Griechenlands Schuldenstand gehen, bestätigte der Elysée-Palast der DW vorab. Aber, so betont ein Kenner des Dossiers, ein einseitiges Versprechen aus Paris Richtung Schuldenerleichterung sei nicht zu erwarten. Die Aktenlage sei klar, federführend sei hier die Eurogruppe.
Konkreter wohl wird der Präsident über den Umbau der Eurozone sprechen - eines seiner Kernvorhaben seit Amtsantritt. Eckpunkte sollen dabei das Eurozonen-Budget und die Ernennung eines Euro-Finanzministers sein. Ob er weitere Punkte erläutern will, ließen die Delegationsvertreter offen.
Privatisierung ohne Ausverkauf
Ebenso explizit werde man sich über zukünftige Investitionen in Griechenland austauschen - und zwar mit Regierung und Opposition gleichermaßen. "Verträge werden in diesen zwei Tagen nicht unterzeichnet", heißt es aus Regierungskreisen. Aber zusammen mit dem griechischen Ministerpräsidenten und insgesamt rund 140 griechischen und französischen Unternehmern werde man "Prioritäten zusammentragen und bilateral vertiefen."
Derzeit kämen zehn Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in Griechenland aus Frankreich, heißt es seitens des Elysées, und diese Rolle wolle Paris behalten oder sogar ausbauen. Auch deshalb begleite eine französische Wirtschaftsdelegation mit Vertretern unter anderem von Alstom, Vinci oder Suez den Präsidenten.
Nicht zuletzt ist die Privatisierung ein ebenso wichtiger wie sensibler Punkt am runden Tisch. "Der Verkauf des Hafens von Piräus an die Chinesen war in gewisser Weise eine Niederlage für die Souveränität Europas", hört man aus französischen Regierungskreisen. Solch ein Szenario wolle weder Frankreich noch Athen ohne Not wiederholen. Eine Lösung wie im Fall Thessaloniki, bei dem ein europäisches Konsortium den Hafen der Stadt pachte, sei langfristig "wünschenswerter".
EU im Interesse Frankreichs
Macron ist Frankreichs Präsident. Will er die EU retten, muss er das mit französischen Interessen verbinden. Dafür bindet er die Wirtschaft seines Landes ein. Aber er will wohl auch die Architektur des Staatenbundes verändern.
Ein hoher Beamter der Delegation über das Euro-Krisenmanagement drückte es so aus: "Wir haben die Möbel gerettet, sonst nichts, da muss man jetzt substanziell ran." Will meinen: Der Totalschaden wurde abgewendet, aber das Haus muss neu errichtet werden.
Alexis Tsipras ist bereits der zwölfte Regierungschef in Folge, den Emmanuel Macron seit Amtsantritt trifft. Und er will, dass diesmal mehr davon bleibt als nur ein Datum: ein neuer Entwurf für Europa. Mindestens.