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Marktführer

17. August 2011

Wer innovative Maschinenbauer und Weltmarktführer sucht, wird sich meist nach Baden-Württemberg wenden. Dabei gibt es einige auch im Osten Deutschlands, in Sachsen-Anhalt.

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Maschinenbau in Sachsen-Anhalt: Impression bei AEM - Anhaltische Elektromotorenwerk Dessau, Foto: Insa Wrede, DW-Wirtschaft
Bild: DW

Wenn sich woanders die Menschen noch in den Kissen wälzen, dann sind sie in Sachsen Anhalt bereits aufgestanden. Mit dem Slogan "Wir stehn' früher auf" wirbt die Region, um auf ihre innovativen Branchen aufmerksam zu machen. In früheren Zeiten hatte Sachsen-Anhalt das nicht nötig. Damals wurde ein Großteil der Chemieerzeugnisse der DDR hier produziert und es gab große Maschinenbaukombinate. Besonders Magdeburg galt seit Beginn der Industrialisierung als eine Wiege des Maschinenbaus. Dann aber kam die Wiedervereinigung Deutschlands und mit ihr das Aus für viele Betriebe. Zu sehr hinkten sie dem aktuellen technischen Stand hinterher, zu ineffizient und zu umweltschädlich war ihre Produktion.

Weltweit gefragt: Pumpen aus Halle

Produktionshalle der Halleschen Pumpenwerke, Foto: Insa Wrede, DW-Wirtschaft
Pumpen aus Halle werden in die ganze Welt verfrachtetBild: DW

Aber nicht alle Unternehmen mussten aufgeben. Unter ihnen die Halleschen Pumpenwerke, deren Geschichte fast 140 Jahre zurückreicht. Seit 1991 gehören sie zur KSB, einem der führenden Unternehmen im Pumpen- und Armaturenmarkt. Heute bietet der Betrieb in Halle Komplettlösungen für Abwassertechnik an. So bewegen ihre Pumpen beispielsweise Abwässer in Klärwerken von Berlin bis Singapur. Und die weltweit größte Meerwasserentsalzungsanlage in Sydney, wurde mit deutschen Pumpen ausgerüstet, erzählt Christian Haag, Werkleiter in Halle.

"In den letzten Jahren haben wir mehrere interessante Projekte durchgeführt. Eins davon ist der Burj Khalifa, das höchste Gebäude der Welt", sagt Haag zu DW-WORLD.DE. Das Gebäude entspricht mit seinen 860 Metern einer vertikalen Stadt. Alle 30 Etagen gibt es eine Pumpstation, mit der die Flüssigkeit für die Klimaanlage und die gesamte Wasserversorgung nach oben gepumpt wird. "Und natürlich muss das Abwasser auch wieder geordnet über die 860 Meter oder 164 Etagen nach unten gebracht werden."

Christian Haag, Werkleiter in Halle bei der KSB AG, Foto: IMG / Sarah Koßmann
Christian Haag: Schnelle Prozesse von der Entwicklung bis zur Auslieferung sind wichtigBild: IMG/Sarah Koßmann

Begehrt sind die Pumpen aus Halle aber nicht nur aufgrund ihrer Leistungskraft. Bei großen Projekten, wie dem Burj Khalifa spiele die Finanzierung eine wichtige Rolle, erklärt Haag. Die großen Investitionen wie Maschinentechnik, also auch Pumpen würden möglichst spät bestellt, damit die Anlagenbauer möglichst spät bezahlen müssten. Es sei also wichtig, die Technologie zu haben, um schnelle Prozesse von der Auslegung bis hin zur Lieferung zu beherrschen. Dazu gehöre auch ein schneller Produktionsprozess, in dem das Produkt förmlich durch die Fertigung fließt. "Damit sind wir auf jeden Fall im Vorteil", meint Haag. "Und hier haben wir den Anspruch, die Technologieführerschaft zu haben."

Mehr als einfach Lasten heben: Krane aus Köthen

Produktionshalle bei Kranbau Köthen, Foto: Insa Wrede, DW-Wirtschaft
Krane aus Köthen haben eine Lebensdauer von rund 40 JahrenBild: DW

Sowohl in den großen Werkshallen, wo die blauen Pumpen hergestellt werden, als auch in Produktionshallen anderer Unternehmen in der Region stößt man immer wieder auf Krane zum Heben schwerer Teile. Die meisten von ihnen kommen aus dem kleinen Ort Köthen in Sachsen-Anhalt. Seit 77 Jahren hat hier das Unternehmen Kranbau Köthen seinen Sitz. Auch dieser Betrieb wurde von einem westdeutschen Unternehmen, der Georgsmarienhütte, übernommen. Am Standort werden weiterhin erfolgreich Spezialkrane gefertigt, sagt Ingo Brötzmann, Leiter für die Konstruktion bei Kranbau Köthen gegenüber DW-WORLD.DE.

"Wir liefern eine technische Fachbetreuung und einen Kran, der speziell auf den Einsatz zugeschnitten ist." Die Konkurrenten würden dagegen häufig nur Katalogware anbieten. Sie hätten sich also auf einen bestimmten Krantyp konzentriert und der würde dann verkauft. "Wir stecken dagegen vorher relativ viel Projektierungs- und Ingenieurleistung in die Entwicklung spezieller Krane und bieten so dem Kunden wirklich eine auf sein Transportproblem zugeschnittene Speziallösung an."

Produktionshalle bei Kranbau Köthen, Foto: Insa Wrede, DW-Wirtschaft
230 Beschäftigte erwirtschaften einen Jahresumsatz von rund 63 Millionen EuroBild: DW

Solche Krane müssen beispielsweise in Stahlwerken extreme Hitzebelastungen aushalten. Für die aufwendige elektrische Steuerung werden schon mal an die vier Kilometer Kabel in den Elektroträgern eines Kranes verlegt. Diese Speziallösungen kosten dann natürlich - zum Teil bis zu zehn Millionen Euro. Ein Großteil der Krane werde ins Ausland geliefert, sagt Brötzmann. "Vor allen Dingen ins europäische Ausland nach Schweden, Italien, in die Benelux Staaten, das ist der Hauptmarkt, in den wir liefern. Also rund zwei Drittel sind Exportanteil."

Die Menschen zieht es immer noch weg

Zum Leidwesen der Betriebe verlassen aber nicht nur Pumpen, Krane und andere Produkte Sachsen-Anhalt - auch die Menschen, vor allem junge, zieht es auch mehr als 20 Jahre nach der Wiedervereinigung in den Westen. Das bekommen viele Unternehmen zu spüren, die über einen Mangel an Auszubildenden und Fachkräften klagen. Und so wirbt Sachsen-Anhalt nicht nur für seine erfolgreichen Firmen, sondern auch dafür, dass die eigenen Landsleute bleiben mögen.

Autor: Insa Wrede
Redaktion: Zhang Danhong