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Marokko - Hort für Terroristen?

Hassan Znined14. Juli 2005

Marokkaner oder Europäer marokkanischer Herkunft waren an den Attentaten in New York, Casablanca und Madrid sowie am Mord von Theo van Gogh beteiligt. Ist Marokko ein Hort des Terrors?

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Terror im eigenen Land (Mai 2003)Bild: dpa

Schon kurz nach den Attentaten von London kamen Gerüchte auf, das marokkanische Netz von El-Kaida sei in die Anschläge verwickelt. Vor allem der Name Mohamed Guerbouzi wurde immer wieder genannt, ein Brite marokkanischer Abstammung, der in London wohnt. Die marokkanischen Behörden haben ihn unter Verdacht, der Anführer der Islamisch-Marokkanischen Kampftruppe GIMC zu sein - einer Untergruppe von El-Kaida.

Schutz durch die Monarchie?

Bis zum Ende der 1990er Jahre nahm das offizielle Marokko für sich in Anspruch, vor radikalem Islamismus geschützt zu sein. Vor allem dank der Monarchie, die das Monopol über die Kontrolle des religiösen Lebens hat. Laut Verfassung ist der König das Oberhaupt der Gläubigen und durch seine Stellung als Nachkomme des Propheten besitzt er absolute religiöse Autorität. Anders gesagt: Niemand könnte "islamistischer" sein als der König selbst.

Marokko ist dennoch ein Land, mit dem direkt oder indirekt Namen wie Zougam, El Motassadeq, Mzoudi, Moussaoui, Guerbouzi in Verbindung gebracht werden. Namen, aus denen man schließen könnte, dass dieses Land ein Hort für Terroristen geworden sei. Der Einfluss der Islamisten auf die marokkanische Gesellschaft sei jedoch gering, sagt der Politologe und Islam-Experte Mohamed Darif. Trotzdem solle die Gefahr nicht gering geschätzt werden. Zumal eine noch radikalere Gruppierung die Oberhand gewinnen könne: die Jihadisten. Diese halten Islamisten, die an die Teilnahme am politischen Leben glauben, für Ungläubige.

Geänderte Stoßrichtung seit dem 11. September 2001

Darif versteht unter Jihadisten die Islamisch-Marokkanische Kampftruppe GIMC, die 1998 in Afghanistan gegründet wurde, um die Mitglieder von El-Kaida in Marokko logistisch zu unterstützen. Die Ziele der Gruppe haben sich allerdings nach dem 11. September 2001 geändert, seit sich Marokko zusammen mit den USA im Kampf gegen den Terrorismus engagiert. Die Gruppe bereitet jetzt selbst Anschläge vor und führt sie auch durch. Einige der Anführer sind bekannt, wie beispielsweise Karim Mejjattie, der in Saudi-Arabien getötet wurde, oder Saad Hussaini, der untergetaucht ist.

Darif widerspricht allerdings der offiziellen Version, die Mohamed Guerbouzi im GIMC eine führende Rolle zuspricht. Darif glaubt, dass Guerbouzi bei den Attentaten von London keine aktive Rolle gespielt haben kann. Nicht nur, weil er unter anderem vom britischen Geheimdienst streng überwacht wird: "El-Kaida sucht operative Chefs und keine Prediger wie Guerbouzi", meint Darif.

Die drei Kreise von El-Kaida

Nach Darif funktioniert El-Kaida in drei Kreisen. Der erste Kreis bestehe aus Anführern und Ideologen. Ihre Funktion sei, die Richtung anzugeben und zu planen. Der zweite Kreis der Aktivisten sei mit Logistik und Koordinierung betraut, der dritte bestehe aus mehr oder weniger autonomen Gruppen und Zellen. Die Beteiligung von Marokkanern an der Organisation von El-Kaida gehe laut Darif momentan nicht über den dritten Kreis hinaus: "Eventuell kann es noch im zweiten Kreis Marokkaner geben, aber es gibt keine im Organisationskreis."

Wie dem auch sei, El-Kaida orientiert sich nicht an nationale Belangen. Auch nicht in Marokko. Im Gegenteil: Die Organisation funktioniert nach einer grenzüberschreitenden Logik, in der nur die Zugehörigkeit zur "Umma", der Gemeinschaft der Gläubigen, zählt. Das heißt: Terroranschläge der El-Kaida können in jedem Land verübt werden.