Blockade in Bangkok
13. Januar 2014Teile von Bangkok sind dicht. Mindestens sieben wichtige Straßenkreuzungen haben die Regierungsgegner blockiert und mobile Bühnen errichtet. Der Belagerungszustand, so verkünden sie, werde so lange anhalten, bis die Übergangsregierung von Premierministerin Yingluck Shinawatra entmachtet sei.
Kompromisse oder Verhandlungen kämen nicht infrage. Das hatte Suthep Thaugsuban, der Wortführer der Proteste und frühere Abgeordnete der "Demokratischen Partei", immer wieder gesagt: "Es gibt nur Sieg oder Niederlage, dazwischen gibt es nichts."
Lang schwelender Konflikt
Das Anliegen der Protestbewegung ist es nicht nur, Ministerpräsidentin Yingluck aus dem Amt zu jagen, sondern das gesamte Thaksin-Regime, wie es die Opposition nennt, auszumerzen. Für sie ist Yingluck eine Marionette ihres Bruders Thaksin Shinawatra, der 2006 vom Militär gestürzt worden war.
Stattdessen will die Opposition einen nicht gewählten Volksrat einsetzen, der eine neue Verfassung ausarbeiten soll. Die Demonstranten setzen alles daran, die für den 2. Februar geplanten Wahlen zu sabotieren: In mehreren Provinzen des Südens, den Hochburgen der Regierungsgegner, hatten sich Kandidaten verschiedener Parteien für die Wahlen nicht registrieren können.
Der in Thailand lebende Politikwissenschaftler Michael Nelson von der Walailak-Universität kritisierte gegenüber der DW, dass sich die Opposition völlig unreflektiert verhalte: Diese sei lediglich vereint in ihrem Hass auf Thaksin und das sogenannte Thaksin-Regime, habe aber selbst nur schwammige Lösungsvorschläge zu bieten.
Streitkräfte gespalten
Nicht wenige Beobachter sind der Ansicht, dass die Protestbewegung Chaos provozieren will, um das Militär zu einem Putsch zu bewegen. Sie warnen vor einem Bürgerkrieg, sollte es tatsächlich zu einer militärischen Intervention kommen.
Andere hingegen sind sich nicht sicher, ob die Armee, die seit dem Ende der absoluten Monarchie 1932 bereits 18 Mal geputscht hatte, einen neuen Staatstreich ausführen würde. Denn auch die Streitkräfte sind gespalten zwischen denen, die selbst Bestandteil der konservativen Eliten sind und denen, die das Thaksin-Lager unterstützen. Armeechef Prayuth Chan-ocha hatte die Gerüchteküche angeheizt: In den vergangenen Wochen hatte er keine klare Stellung bezogen und einen Putsch weder ausgeschlossen noch befürwortet.
"Juristischer Putsch"
Es wäre auch ein anderes Szenario denkbar: 2008 war kein Militärcoup nötig, um die regierende thaksintreue "Partei der Volksmacht" (PPP) aus dem Amt zu jagen. Die Regierung wurde durch umstrittene Entscheidungen der Justiz entmachtet. Der Entscheidung waren ebenfalls Massenproteste des Anti-Thaksin-Lagers vorangegangen. Damals hatten die Gelbhemden der sogenannten "Volksallianz für Demokratie" (PAD) zunächst den Regierungssitz und später den Internationalen Flughafen besetzt.
Das Militär unter dem damaligen Armeechef Anupong Paochinda hatte nicht eingegriffen. Die Proteste endeten erst, als Thailands Verfassungsgericht die PPP und zwei kleinere Koalitionsparteien wegen angeblichen Wahlbetrugs für aufgelöst erklärte und verfügte hatte, dass deren Spitzenpolitiker für fünf Jahre aus der Politik verbannt würden. Das Thaksin-Lager sprach damals von einem "juristischen" Putsch.
Wiederholung von 2008
Etwas Ähnliches zeichnet sich auch zurzeit ab: Thailands Anti-Korruptionsbehörde (NACC) hat angekündigt, Ermittlungen gegen mehr als 300 Abgeordnete und Senatoren des inzwischen aufgelösten Parlaments einzuleiten. Bei den meisten der früheren Abgeordneten handelt es sich um Mitglieder der Partei von Premierministerin Yingluck. Das NACC beschuldigt insgesamt 308 Abgeordnete und Senatoren, für eine gesetzeswidrige Verfassungsänderung gestimmt zu haben, die auf eine Änderung der Zusammensetzung des Senats abzielte. Sie hatten sich dafür eingesetzt, dass sämtliche Repräsentanten des Senats gewählt werden sollten. Derzeit besteht dieser nur zur Hälfte aus gewählten Vertretern, die andere Hälfte wird ernannt.
Der Thailandexperte Michael Nelson hält es für wahrscheinlich, dass die beschuldigten Abgeordneten und Senatoren verurteilt werden. Ein entsprechender Schuldspruch könnte dann ein Amtsenthebungsverfahren gegen die Regierung einleiten: "Es fällt schwer, hier nicht an eine zynische Verschwörung gegen das verhasste Thaksin-Lager zu glauben."
Indes wollen viele Menschen den Zerfall der Demokratie nicht einfach hinnehmen: Seit einigen Wochen finden sich daher verschiedene Gruppen zu sogenannten Kerzenlicht-Veranstaltungen in Bangkok und in den Provinzen ein. Sie fordern: "Respektiert meine Stimme!" Auch wehren sie sich gegen einen neuen möglichen Putsch. Eine der Demonstrantinnen sagte der DW: "Mit unserer Demokratie ist es wie mit einem Berg. Immer wenn wir nach einer Wahl oben angekommen sind, kommt jemand, der uns wieder herunterstößt."