Über 500 Deutsche auf syrischer Fahndungsliste
8. März 2017Das Investigativ-Ressort des NDR hat mithilfe der oppositionsnahen syrischen Online-Plattform "Zaman al-Wasl" Teile eines geheimen Datensatzes des Assad-Regimes ausgewertet. Es handelt sich um insgesamt rund 1,6 Millionen Fahnungsausschreiben ausländischer Staatsangehöriger, darunter mehr als 500 Deutsche.
Auf der Liste, deren Einträge von den 1960ern bis ins Jahr 2015 reichen, stehen unter anderem Diplomaten, Militärs, Studenten und auch Nahost-Korrespondenten internationaler Medien. Die Fahnungsausschreiben gliedern sich in drei Kategorien: Bei den meisten würde der syrische Inlandsgeheimdienst über die eventuelle Einreise informiert werden. Andere sind mit einem sogenannten Entry Ban belegt, ihnen würde wahrscheinlich ein Besuch des Landes verwehrt bleiben.
In einer dritten Kategorie sind diejenigen gelistet, gegen die in Syrien sogar Haftbefehl erlassen wurde. Darin gleich zweimal aufgeführt ist der Videojournalist Kurt Pelda, der unter anderem mehrfach für die ARD über Syrien berichtete. Bei einer Verhaftung würde der gebürtige Schweizer wohl direkt an den Militärgeheimdienst übergeben werden. In einer ersten Reaktion gegenüber dem NDR zeigte Pelda sich schockiert: "Es zeigt das Gesicht oder besser gesagt die Fratze dieses Regimes. Das ist ein brutales, totalitäres Regime, das zeigen diese Papiere ganz eindeutig."
Auch der Filmemacher und Fotograf Marcel Mettelsiefen hat einen Eintrag in der Geheimliste. Seine Dokumentation "Watani: My Homeland" über eine Familie aus Aleppo wurde kürzlich für einen Oscar nominiert. Auf der Liste fällt Mettelsiefen in die zweite Kategorie und darf also nicht mehr einreisen. Der deutsch-ecuadorianische Filmemacher sagte dazu, auf diese Weise würden kritische Journalisten ferngehalten, was bedeute, dass "die einzigen Bilder, die noch herauskommen, die Bilder sind, die auch herauskommen sollen".
Dem NDR zufolge zeigt die Datensammlung, mit welchen Kompetenzen die Geheimdienste in Syrien ausgestattet sind und mit welcher Macht sie im Land agieren. Die syrische Regierung wolle sich zu der Datenbank offenbar nicht äußern. Eine Bitte um Stellungnahme habe sie unbeantwortet gelassen, so der NDR.
ie/pab (NDR)