Mehr Teilhabe für Migranten gefordert
27. Mai 2013Mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt und eine ihrem Bevölkerungsanteil entsprechende Vertretung im öffentlichen Dienst – das sind die Ziele, die mit einem Gesetz zur Förderung von Migranten erreicht werden sollen.
Anderthalb Jahre lang hat der Dachverband der Türken in Deutschland an dem Entwurf gearbeitet, Juristen und Experten befragt und mit den Landesverbänden der Türkischen Gemeinde diskutiert. Herausgekommen ist ein 32 Seiten starkes Papier, in dem die einzelnen Vorschläge niedergelegt sind.
Sie reichen von der Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft für in Deutschland geborene Migranten bis zur Schaffung von sogenannten "Diversity-Beauftragten" in Personal- und Betriebsräten, die auf eine angemessene Vertretung von Zuwanderern in den Betrieben und im öffentlichen Dienst achten sollen. Auch in den Gremien des Bundes – also in Kommissionen, Beiräten, Ausschüssen und Aufsichtsräten - sollen Migranten in Zukunft besser repräsentiert sein.
Übergabe auf dem Integrationsgipfel
Um dieses Ziel zu erreichen, fordert die Türkische Gemeinde Maßnahmen zur Förderung von Bildung und Erwerbstätigkeit für Migranten, Verbesserungen bei der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen, Änderungen beim Aufenthaltsrecht und Erleichterungen bei der Einbürgerung. "Eigentlich ist es nicht unsere Aufgabe, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten", sagte Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Aber man wolle in der Debatte um bessere Integration nicht nur reagieren, sondern aktiv werden und eigene Vorschläge unterbreiten.
Kolat will den Gesetzentwurf Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag beim Integrationsgipfel der Bundesregierung übergeben. Es sei gut, wenn bei dieser Veranstaltung auch einmal ernsthafte Themen diskutiert und nicht immer nur Ankündigungen gemacht würden, sagte er. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Maria Böhmer und das Bundesinnenministerium seien bereits über den Vorstoß informiert worden.
Gleichzeitig habe man auch die Fraktionsvorsitzenden der Parteien angeschrieben, um mit ihnen und mit Vertretern der Zivilgesellschaft zu diskutieren. "Wir wollen mit unserem Entwurf eine gesellschaftliche Debatte führen, wie die Beteiligung und Eingliederung von Menschen mit Migrationshintergrund in unserem Land geschehen soll."
"Zielgröße" statt "Migrantenquote"
Bewusst habe man auf die Forderung nach Quoten für Einwanderer verzichtet. Stattdessen sollte ihr Anteil im öffentlichen Dienst, am Arbeitsmarkt und in gesellschaftlichen und staatlichen Gremien und Organisationen je nach Bedarf erhöht werden, bis sie ihrem Anteil an der Bevölkerung entsprechend vertreten seien. Wenn die Migranten also 20 Prozent der Bevölkerung ausmachten, müssten sie auch - zum Beispiel - bei der Polizei mit 20 Prozent vertreten sein, erläuterte Kolat und fügte hinzu: "Die Debatte über die Quoten in Deutschland ist schwierig und verfassungsmäßig problematisch." Die Türkische Gemeinde spreche daher lieber von "Anpassungsgrundlage" oder von "Zielgröße". So sollten sich Verwaltungen beispielsweise vornehmen, die Anzahl der Beschäftigten mit Migrationshintergrund auf 20 Prozent zu erhöhen. Diese Zielgröße müsse in den Gesetzen und Verordnungen festgeschrieben werden und sei verpflichtend.
Der Gesetzentwurf solle nicht nur für Zuwanderer aus der Türkei, sondern für alle Migranten in Deutschland gelten, unterstrich Kolat. Aus Zeitmangel habe die Türkische Gemeinde sich aber noch nicht mit anderen Migrantenverbänden abstimmen können. Sie habe von ihnen aber bereits positive Rückmeldungen erhalten.