1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Memes: Der Witz in Zeiten des Krieges

Torsten Landsberg
10. März 2022

Was tun gegen den Krieg? Karikaturisten und die kreative Netz-Community begegnen Wladimir Putin mit einer Waffe, die er nicht mag: Humor.

https://p.dw.com/p/489zM
Die DW-Karikatur von Vladdo zeigt einen sprachlosen Vladimir Putin, dessen Wortlosigkeit Teil einer Rakete ist.
Russlands Präsident Putin in einer Karikatur von Vladdo

Karikaturen haben als humoristische Form der Gesellschaftskritik eine lange Tradition. In den 2010er-Jahren gesellten sich Memes dazu: überarbeitete Bilder, die den ursprünglich abgebildeten Inhalt überspitzen oder lächerlich machen. Jeder kann sie schnell basteln, aus Fotomaterial und mit einem einfachen Bildbearbeitungsprogramm, mal aufwändiger, mal sehr schlicht ergänzt durch einen Satz oder einen Spruch.

Ihre Urheber sind selten bekannt, nicht nur wegen des tausendfachen Teilens in sozialen Netzwerken, sondern auch weil die nicht genehmigte Verwendung des Bildmaterials häufig gegen Urheberrechte verstößt.

In besonders finsteren Zeiten haben die Karikatur wie auch das Meme Hochkonjunktur. Beide ermöglichen, mit dem realen Schrecken umzugehen, aktuell mit dem Krieg in der Ukraine. Trotz ihres schrecklichen Hintergrunds lassen sie ihre Betrachterinnen und Betrachter im Idealfall schmunzeln - und ermuntern so, sich nicht unterkriegen zu lassen.

So legt eine Vielzahl von aktuellen Karikaturen und Memes nahe, dass sich der russische Präsident Wladimir Putin mit der Ukraine einen Gegner ausgesucht haben könnte, an dem er sich die Zähne ausbeißt.

Der Cartoonist Theo Moudakis etwa lässt Putin in einer Zeichnung für die kanadische Zeitung "Toronto Star" auf einem Bären reiten. Mit dem Bären wurde und wird vor allem im westlichen Ausland gerne auf die geografische Größe Russlands angespielt. Dieser Bär verliert in Moudakis Cartoon eine Tatze, als er die Ukraine betritt. Sein Reiter Putin realisiert zerknirscht: "DAS habe ich nicht kommen sehen."

Der norwegische Cartoonist Morten Morland hat für die britische Tageszeitung "The Times" den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gezeichnet: Obwohl die russischen Invasoren an ihm abprallen, trägt deren Befehlshaber Putin - realitätsfern - einen langen Forderungskatalog vor.

Dass sich der von Putin unterschätzten Ukraine andere Länder an die Seite stellen, drückt die deutsche Cartoonistin Nadia Menze aus. Sie illustriert Russland als Hai, der sich plötzlich nicht mehr nur der kleineren Ukraine gegenüber sieht, sondern vielen kleineren Fischen, die gemeinsam stärker sind als der große Aggressor. Menzes Symbolik gefiel auch dem internationalen Hacker-Netzwerk Anonymous, das die Karikatur bei Twitter geteilt hat.

Der aberwitzig lange Tisch, an dem Wladimir Putin kurz vor der Invasion in die Ukraine Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron oder den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz empfing, hat die Memes-Community humoristisch herausgefordert - und als Motiv für eine Vielzahl an Memes gesorgt. Wer Gefallen an dem ausladenden Möbelstück findet, kann sich nun - diesem Meme zufolge - beim schwedischen Möbelhaus Ikea auf das Modell "Putin" zum Bewirten von Gästen freuen.

Den überlangen Tisch können Gast und Gastgeber aber auch als Wippe oder zur sportlichen Ertüchtigung nutzen. Und so bitter es ist: Hätten Putin und Macron tatsächlich Badminton gespielt, der politische Effekt wäre kaum kleiner gewesen.

Auch der Karikaturist Tango Gao aus Shanghai hat auf die politischen Treffen an Putins Tisch reagiert. Er treibt den Tisch allerdings nicht auf die spöttische Spitze, sondern deutet ihn als Sarg: Putin und seine Generäle fällen Entscheidungen, die andere Menschen das Leben kosten.

Natürlich muss sich die Überdimensionierung nicht auf Möbelstücke beschränken. Wie wäre es zum Beispiel mit dem längsten Pferd der Welt?

Vielfach ist über den Zusammenhang zwischen pompösen Inszenierungen und dem mangelnden Selbstbewusstsein der Person Putin spekuliert worden. Diese Karikatur inszeniert die russische Kriegsmacht als Kompensation etwaiger Defizite im Selbstwert des Oberbefehlshabers.

Der Streetart-Künstler Loic Monk kombiniert in dieser Zeichnung ein Symbol des Westens - eine Fastfood-Kette - mit dem blutigen Vorgehen des russischen Präsidenten, der zum "Murder King" wird - dem König des Mordes.

In insgesamt zwei Amtszeiten als Ministerpräsident und seiner inzwischen vierten als Präsident lenkt Wladimir Putin bereits seit 1999 die Geschicke Russlands. Klar, dass er nicht erst seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine ein beliebtes Motiv für Karikaturen oder Memes ist.

2013 verabschiedete die Staatsduma ein Gesetz gegen "homosexuelle Propaganda": Das öffentliche Bekenntnis zur Homosexualität, positive Äußerungen oder Berichterstattung können Geld- und Haftstrafen zur Folge haben. Nach Inkrafttreten des Gesetzes wurden zahlreiche Fälle bekannt, in denen Homosexuelle von unbekannten Tätern über Dating-Plattformen in Hinterhalte gelockt und verprügelt wurden. In der Folge verbreitete sich dieses Bild, das Wladimir Putin so gar nicht gefallen soll.