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Politik

Merkel im Katastrophengebiet Bad Münstereifel

20. Juli 2021

Bundeskanzlerin Angela Merkel macht sich ein Bild von der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen. Droht nun die Gefahr einer verstärkten Corona-Ausbreitung? Die Behörden planen bereits Sonderimpfaktionen.

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Deutschland Hochwasser Bundeskanzlerin Angela Merkel in Bad Münstereifel
Kanzlerin Merkel und NRW-Ministerpräsident Laschet sprechen in Bad Münstereifel mit Opfern der FlutenBild: Wolfgang Rattay/AFP/Getty Images

Zusammen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der zugleich Kandidate der Unionsparteien für die Bundestagswahl ist, reiste die Bundeskanzlerin nach Bad Münstereifel. Die Fachwerkstadt im Kreis Euskirchen ist von dem Unwetter der vergangenen Tage heftig betroffen. Angela Merkel sprach mit Vertretern von Hilfsorganisationen sowie Helferinnen und Helfern. Nach einem Treffen mit betroffenen Bürgern stattete sie dem betroffenen Gebiet einen Besuch ab. Der Deutsche Welle-Korrespondent Benjamin Alvarez begleitete Merkel und Laschet bei ihrem Rundgang. 

Merkel sagte den Betroffenen der Hochwasserkatastrophe schnelle Hilfe zu. Das Bundeskabinett werde am Mittwoch ein Programm für finanzielle Hilfe beschließen, sagte sie in Bad Münstereifel in Nordrhein-Westfalen. Es gehe dabei darum, "unbürokratisch Soforthilfe" zu leisten. Dies geschehe gemeinsam mit dem Land NRW, das am Donnerstag entsprechende Beschlüsse fassen werde.

"Erschreckende Schäden"

Merkel zeigte sich bei dem gemeinsamen Besuch mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet betroffen von der Lage vor Ort. Die Schäden seien "erschreckend", es gebe "entsetzliche Zustände zum Teil". Viele Häuser seien nicht mehr bewohnbar. Bei ihrem Besuch habe sie "Menschen gesehen, die alles verloren haben". Die Stadt sei "so schwer getroffen, dass es einem wirklich die Sprache verschlägt". Die Kanzlerin fügte hinzu: "Das einzige, was tröstet, ist die Solidarität der Menschen." Sie bedankte sich bei allen Helfern und Spendern. Es sei klar, "dass wir hier einen sehr langen Atem brauchen werden", fügte die Kanzlerin hinzu. "Wir werden Sie nicht nach Kurzem vergessen", versicherte sie.

Laschet sagte in Bad Münstereifel, seine Landesregierung werde den vom Bund bereitgestellten Soforthilfe-Betrag verdoppeln. Die Formulare für die Beantragung sollten noch in dieser Woche bereitstehen und die Hilfen sollten "so unbürokratisch und so schnell wie möglich" anlaufen.

Merkel war bereits am Wochenende in Rheinland-Pfalz  und hatte sich dort mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer ein Bild von der Lage im Hochwassergebiet rund um Adenau gemacht. Der Bundespräsident war am Samstag nach NRW gekommen: Frank-Walter Steinmeier hatte sich auf Einladung von Laschet die Situation im vom Hochwasser zerstörten Erftstadt angeschaut. Dort hatte im Stadtteil Blessem ein gewaltiger Erdrutsch Straßen und Häuser mitgerissen. 

Nach der Flutkatastrophe sehen die betroffenen Länder auch die Gefahr erhöhter Corona-Risiken, etwa durch Hilfsaktionen oder die Unterbringung in Notunterkünften. "Derzeit kommen viele Menschen auf engstem Raum zusammen, um die Krise gemeinsam zu bewältigen. Wir müssen jetzt aufpassen, dass die Bewältigung der Katastrophe nicht zu einem Superspreader-Event wird", sagte David Freichel vom Corona-Kommunikationsstab der Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Das Landesgesundheitsministerium bereite in Absprache mit den Behörden der betroffenen Landkreise eine Sonderimpfaktion in den Katastrophengebieten vor. Viele Rettungskräfte hätten bereits vollen Impfschutz.

Vor allem Notunterkünfte sind gefährdet

Auch in Nordrhein-Westfalen sieht man die Gefahr erhöhter Corona-Risiken. "Eine erhöhte Gefahr der Ausbreitung von SARS-CoV-2 könnte sich vor allem durch die Unterbringung von Personen in Notunterkünften entwickeln", zitierte das RND das Düsseldorfer Gesundheitsministerium. Die Gesundheitsämter vor Ort seien sich aber der zusätzlichen Gefahr bewusst. Sie könne durch Testungen, Masken und Lüften reduziert werden.

Deutschland Unwetter Stadamm Steinbachtalsperre
Die vom Hochwasser bedrohte Steinbachtalsperre in der Nähe von Euskirchen scheint zu haltenBild: Sebastien Bozon/Getty Images/AFP

Seit Montag gibt es mehrere Tage nach Beginn der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen immerhin einen Grund zum Aufatmen: Die seit Tagen vom Hochwasser bedrohte Steinbachtalsperre in der Nähe von Euskirchen scheint zu halten. Ein Dammbruch wäre dort nicht mehr zu befürchten, hatten die Behörden mitgeteilt. Bewohnerinnen und Bewohner umliegender Orte konnten zurück in ihre Häuser.

Polizei sucht Vermisste

Bis Montag stieg die Zahl der Todesopfer auf mindestens 164: Aus Rheinland-Pfalz wurden 117 und aus NRW 47 Unwetter-Tote bestätigt. In beiden Bundesländern wurde nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Opfer gefunden werden könnten. Die Einsatzkräfte suchen nach Vermissten. Wie die Polizei in Koblenz twitterte, werden im Kreis Ahrweiler derzeit sämtliche Hotels, Gaststätten und Unterkünfte angeschrieben, um vorhandene Gästelisten mit den Vermisstenmeldungen abzugleichen. Die Polizei bittet Unterkünfte, die noch nicht von der Polizei kontaktiert worden sind, sich mit den Einsatzkräften in Verbindung zu setzen.

Bayern I Zerstörung nach Hochwasser im Berchtesgadener Land
Im Berchtesgadener Land hat das Wasser Zerstörung hinterlassenBild: Elliot Douglas/DW

Für die Überlebenden der Fluten gilt es weiter, Schlamm und Trümmer aus ihren Häusern und von den Straßen beiseitezuschaffen. Vielerorts ist die Infrastruktur mit Straßen, Bahngleisen, Brücken, Mobilfunkmasten, Strom- und Gasleitungen sowie Trinkwasserversorgung zerstört. Der Bund rechnet mit mindestens rund zwei Milliarden Euro Schäden alleine bei der Deutschen Bahn und bei Straßen.

Auch im Berchtesgadener Land in Bayern hatten heftige Unwetter mit Starkregen zu Wasserfluten und Erdrutschen geführt. Manche Orte in der beliebten Urlaubsregion rund um Watzmann und Königssee wurden verwüstet. Am Dienstag sollten die Schulen und Kitas nach Angaben des Landratsamtes jedoch wieder regulär öffnen - der Katastrophenfall wurde aufgehoben.

nob/sti (dpa, rtr, afp)