Merkel geht hart mit Trump ins Gericht
11. Juni 2018Die Kanzlerin saß bereits im Flugzeug zurück nach Berlin, als Donald Trump über Twitter der zuvor mühsam ausgehandelten Abschlusserklärung zum Gipfeltreffen der G7-Staaten in Kanada seine Unterstützung entzog. Diese Rücknahme per Tweet sei "ernüchternd und ein Stück deprimierend", schilderte Angela Merkel ihre Stimmung, als sie am Sonntagabend eine Stunde lang einziger Gast in der ARD-Talksendung "Anne Will" war.
"Ein einschneidender Schritt"
Sie sei weiterhin der Ansicht, dass der US-Präsident in "vielen Fragen" die Prinzipien und Werte der G7-Staaten teile. "Aber die Kündigung dieses Kommuniqués ist jetzt natürlich schon ein einschneidender Schritt", stellte die Kanzlerin klar. Gleichzeitig machte Merkel deutlich, am G7-Format festhalten zu wollen. Trumps Entscheidung bedeute aus ihrer Sicht auch nicht das Ende der transatlantischen Partnerschaft, sagte die deutsche Regierungschefin, "aber wir können uns da nicht einfach drauf verlassen".
Dem Vorhalt von Moderatorin Anne Will, sie lasse sich von Trump ein ums andere Mal ihre Machtlosigkeit vorführen, widersprach die Kanzlerin. "Das tun wir nicht." Man habe auf die von Trump rechtswidrig verhängten Zölle auf Aluminium und Stahl Gegenmaßnahmen vorbereitet, die am 1. Juli bei der Welthandelsorganisation WTO gemeldet würden. Sollte der US-Präsident auch noch wie geplant Strafzölle auf deutsche Autos verhängen, hoffe sie erneut auf ein gemeinsames Agieren der EU. "Wir lassen uns nicht ein ums andere Mal über den Tisch ziehen", so Merkel wörtlich.
"Win Win" statt "America first"
Zurückhaltend äußerte sich die Kanzlerin zu Trumps Vorschlag, in der G7 alle Zölle und Handelsbeschränkungen abzuschaffen. "Das wäre als Idealfall natürlich toll", sagte sie, aber keine schnelle Lösung des aktuellen Konflikts. Dafür seien "umfangreiche Verhandlungen" erforderlich.
Deutlich distanzierte sich Merkel von Trumps Politikstil des "America first" - ohne Rücksicht auf internationale Bündnisse und Verträge. Sie glaube an "Win-Win-Situationen" durch Zusammenarbeit, betonte Merkel. "Manchmal habe ich den Eindruck, der amerikanische Präsident glaubt daran, dass immer nur einer gewinnt und der andere verliert."
wa/sam (afp, dpa, rtr)