Merkel mahnt in Türkei Freiheitsrechte an
2. Februar 2017Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei ihrem ersten Besuch in der Türkei seit dem gescheiterten Militärputsch vom Juli 2016 Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zur Einhaltung von Freiheitsrechten aufgefordert.
Meinungsfreiheit und Gewaltenteilung
Die deutsche Regierungschefin sagte nach einem zweieinhalbstündigen Gespräch mit Erdogan in Ankara, in der entscheidenden Phase der Aufarbeitung des Umsturzversuches sei es wichtig, Meinungsfreiheit und Gewaltenteilung einzuhalten. Ohne nähere Details zu nennen, erklärte Merkel, sie mache sich Sorgen mit Blick auf verschiedene Fälle im Umgang mit Journalisten.
Zur bevorstehenden Volksabstimmung über ein von Erdogan angestrebtes Präsidialsystem sagte die Kanzlerin, es müsse alles getan werden, damit die Gewaltenteilung, die Meinungsfreiheit und die Vielfalt der Gesellschaft weiter gewahrt bleibe. "Opposition gehört zu einer Demokratie dazu. Das erfahren wir alle miteinander jeden Tag in demokratischen Staaten", betonte Merkel.
OSZE-Beobachter vorgeschlagen
Die Bundeskanzlerin regte zudem an, das Verfassungsreferendum durch unabhängige Experten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beobachten zu lassen. Der türkische Präsident verteidigte das geplante Präsidialsystem, das ihm eine noch größere Machtfülle bescheren würde. Von einer Aufhebung der Gewaltenteilung, wie von der Opposition befürchtet, könne keine Rede sein, sagte Erdogan.
Kampf gegen Terrorismus
Der Staatschef nannte Merkels Besuch wichtig für die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. Vor allem in der Terrorbekämpfung seien Zusammenarbeit und "Solidarität" unter NATO-Partnern wichtig. Merkel sagte einen engen Schulterschluss im Kampf gegen jede Form des Terrorismus zu.
Dabei verwies die Kanzlerin nicht nur auf islamistische Anschläge, sondern auch auf die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Ankara wirft der Bundesregierung vor, die Türkei im Kampf gegen die PKK sowie bei ihrem Vorgehen gegen mutmaßliche Putschisten der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen zu wenig zu unterstützen.
Merkel lobte erneut die europäisch-türkische Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik. Die Türkei leiste bei der Aufnahme von Flüchtlingen "Außergewöhnliches". Die Kanzlerin sicherte zu, dass die versprochenen EU-Gelder für die Türkei im Rahmen des Flüchtlingspaktes so schnell wie möglich fließen sollten.
wl/pab (dpa, afp)