Merkel setzt SPD unter Druck
18. Dezember 2017Es ist eine rote Linie und so will Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel es wohl auch verstanden wissen. In den anstehenden Sondierungsgesprächen mit der SPD soll es allein um die Neuauflage einer großen Koalition gehen. Es müsse eine "stabile Regierung" gebildet werden, sagte Merkel in Berlin nach einer Sitzung der CDU-Spitze. "Alles andere wäre aus Sicht der CDU kein Erfolg von Sondierungsverhandlungen." Eine Regierung mit wechselnden Mehrheiten lehnt sie ab. "Das ist unsere Position, mit der wir in die Sondierungsgespräche gehen werden."
Damit schränkt Merkel den Spielraum für die Sondierung erheblich ein und setzt die SPD klar unter Druck. Die Sozialdemokraten hatten am vergangenen Freitag nach einer längeren Diskussion im Parteivorstand offiziell grünes Licht für Sondierungsgespräche mit der Union gegeben. Nach dem Jahreswechsel soll es losgehen und schon Mitte Januar soll geklärt sein, wohin die politische Reise gehen könnte.
Die misstrauische SPD-Basis ist eng eingebunden
Die Betonung liegt auf könnte, denn das zwölfköpfige sozialdemokratische Sondierungs-Team hat ein eng gestecktes Verhandlungsmandat. Das sieht ausdrücklich "ergebnisoffene" Gespräche vor. "Ob die Gespräche in einer Regierungsbildung münden, ist offen. Das meinen wir sehr ernst", hatte SPD-Chef Martin Schulz es formuliert. Eine Feststellung, die er nach dem Auftritt der Kanzlerin auf Twitter noch einmal wiederholte.
Eine Neuauflage der großen Koalition sei in der SPD so beliebt wie Fußpilz, hatte ein führender Sozialdemokrat auf dem Bundesparteitag Anfang Dezember formuliert. Dort erstritten sich die Delegierten einen Sonderparteitag, der am 14. Januar die Ergebnisse der Sondierung gutheißen soll oder auch nicht. Über einen Koalitionsvertrag würden sogar alle SPD-Mitglieder abstimmen. Die sind in ihrer Mehrheit eher einer lockeren Kooperation mit der Union zugeneigt, würden also lieber eine Unionsgeführte Minderheitsregierung unterstützen.
Auch die CDU benennt ein Team von zwölf
Doch genau das, so hat es Angela Merkel nun klipp und klar angesagt, will sie auf keinen Fall. Wie die SPD, so hat auch die CDU ein zwölfköpfiges Sondierungs-Team benannt. Neben Merkel werden ihm der Unions-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder, die fünf stellvertretenden CDU-Vorsitzenden, der Kanzleramtsminister und geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier, die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, sowie das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn angehören. Der erkrankte CDU-Generalsekretär Peter Tauber wird durch den Parlamentarischen Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, vertreten.
Am Mittwoch wollen sich die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der drei Parteien noch einmal im kleinen Kreis zusammensetzen, bevor es Anfang Januar in großer Runde konkret werden soll. In den Sondierungsgesprächen, für die nach derzeitigem Stand nur eine gute Woche vorgesehen ist, soll nach dem Willen Merkels auch "Einigkeit in bestimmten Sachfragen" erzielt werden. Unter anderem beim Thema Europa. Dabei gehe es nicht um die nächsten drei Monate, sondern die Weiterentwicklung der EU bis 2030, so Merkel.
Zuwanderung und Soziales gehören zu den Knackpunkten
In die Sondierungen will die CDU mit ihrem für die Bundestagswahl aufgestellten Programm gehen. "Der Maßstab ist unser gemeinsames Regierungsprogramm und der Maßstab ist das Regelwerk zur Migration, das wir nach der Bundestagswahl zwischen CDU und CSU erarbeitet haben." Die Themen Zuwanderung und Integration werden in den Gesprächen also auf jeden Fall eine Rolle spielen wird. Dazu kommen sicherlich die sozialpolitischen Themen, die von der SPD im Vorfeld priorisiert worden sind. Beispielsweise die Einführung einer Bürgerversicherung, also eine Krankenversicherung, in die auch Selbständige und Beamte einzahlen.
Danach gefragt, was sie von dem Thema halte, wich Merkel aus. Es sei unbestritten, dass es Unzulänglichkeiten im Gesundheitssystem gebe, wie beispielsweise die Ärzteversorgung in einigen ländlichen Gebieten und die Personalausstattung in Krankenhäusern. "Insofern gibt es eine Menge zu tun für die Verbesserung des Gesundheitssystems, wo ich glaube, dass man da auch Gemeinsamkeiten finden kann."
Scheitern nicht ausgeschlossen
Gemeinsamkeiten, über die man allerdings weniger in der Öffentlichkeit, als vielmehr miteinander reden will. Wenn Angela Merkel eines aus den gescheiterten Verhandlungen für eine Jamaika-Koalition gelernt hat, dann das. Und wenn die Sondierungen nicht das von der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden erhoffte Ergebnis bringen? "Wenn es keinen Erfolg bei den Sondierungsgesprächen mit der SPD in dem von mir genannten Sinne gäbe, dann würde man sich als Union vollkommen neu orientieren müssen."