Merkel zieht die Zügel an
28. März 2009Ohne Ratifizierung des Lissabon-Vertrages keine neue Erweiterung der EU auf dem westlichen Balkan, allenfalls Kroatien ist jetzt noch zu verkraften, meint Bundeskanzlerin Angela Merkel und steht mit dieser Position nicht allein da. Sie hat Recht. Schon jetzt ist in einer EU mit 27 Mitgliedern kaum noch Konsens zu erreichen. Jedes einzelne Mitglied kann Entscheidungen blockieren. Was soll werden, wenn es 35 sind, einige von ihnen mit Partikularkonflikten, die sich auf die ganze EU auswirken würden? Die Union ist bereits jetzt so schwerfällig geworden, dass sie als Machtfaktor in der Welt weitgehend ausfällt.
Es gibt die Gegenseite. Dass die beitrittswilligen Länder des westlichen Balkan anders denken, ist klar. Aber sie haben Fürsprecher innerhalb der EU. Diese Seite hat zwei Hauptargumente. Das erste ist ein pragmatisches: Eine erweiterte EU schafft mehr Handel, gerade in der Wirtschaftskrise ein wichtiges Argument, sie schafft außerdem mehr Sicherheit. Das zweite Hauptargument ist ein moralisch-ideelles und wiegt ebenfalls schwer: Europa habe die Aufgabe, seine historische Spaltung zu überwinden, man dürfe bei dieser Aufgabe nicht einfach stehenbleiben, denn sonst ginge die Glaubwürdigkeit der EU verloren.
Reform ist überfällig
Beide Seiten können also gute Argumente anführen. Die Europäische Union braucht unbedingt eine innere Reform, und sie muss außerdem für den westlichen Balkan grundsätzlich offen bleiben, vorausgesetzt natürlich, die Aspiranten erfüllen die Voraussetzungen.
Und hier kommen die Tschechen ins Spiel, genauer gesagt, die tschechische Politik. So wie es im Moment aussieht, hängt die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages vor allem an Tschechien. Die Iren werden wohl, unter dem Druck der Wirtschaftskrise und nach erheblichen Zugeständnissen der EU, im zweiten Referendum ja zum Vertrag sagen. Aber es könnte durchaus sein, dass der tschechische Senat den Vertrag im April ablehnen wird. Dann wäre Lissabon mausetot, eine zweite irische Volksabstimmung könnte man sich dann sparen.
Tschechen sollten Ernst der Lage erkennen
Möglicherweise hat Merkel mit ihrer Bemerkung vor allem Druck auf die tschechische Politik und speziell auf Präsident Vaclav Klaus ausüben wollen. Sie kann es nur indirekt tun, denn jeder Versuch einer offenen Einflussnahme würde mit Sicherheit das Gegenteil bewirken.
Man muss jetzt alles tun, den Tschechen den Ernst der Lage vor Augen zu führen. Bisher war nicht immer klar, ob die führenden tschechischen Politiker verstanden haben, was auf dem Spiel steht. Sie sollten es spätestens jetzt wissen.
Autor: Christoph Hasselbach
Redakteur: Martin Schrader