Ziel für E-Autos nicht zu schaffen
17. Mai 2017Wenn die Kanzlerin spricht, muss man sich schon ganz genau konzentrieren, um die wirklich wichtigen Sätze nicht zu verpassen: Angela Merkel sprach auf einem Kongress ihrer CDU, und ganz beiläufig kassierte sie ein Ziel nicht nur ihrer aktuellen, sondern auch einiger der Vorgängerregierungen, der sie vorstand.
35 000 E-Autos sind nicht genug
Seit 2009 lautete ein Regierungsziel, eine Million Elektroautos bis 2020 zuzulassen. Nur ganz kurz streifte die Kanzlerin dieses Thema in ihrer Rede, und der entscheidende Satz lautete: "So, wie es im Augenblick aussieht, werden wir dieses Ziel nicht erreichen." Basta.
Das hatten Experten auch nicht mehr vermutet. Gerade einmal knapp 35 000 Autos mit umweltfreundlichem Elektroantrieb wurden in Deutschland bislang zugelassen. Zu teuer in der Anschaffung, die Reichweite nicht genügend, zu wenig Ladestationen: Es mangelt an der Infrastruktur für Elektroautos.
"Auch mit Fahrrädern nicht erreichbar"
Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte deshalb bereits im Januar, damals noch als Wirtschaftsminister, den Ausbauplan skeptisch beurteilt: "Wenn wir nicht noch die Fahrräder dazu zählen, werden wir nicht mal auf die Hälfte kommen. Ich rate zu ein bisschen mehr Realismus." Dabei hatte gerade Gabriel in den Jahren davor kaum eine Möglichkeit ausgelassen, sich mediengerecht am Steuer von E-Autos oder beim Stromtanken fotografieren zu lassen. Und stets hatte er dabei die Wichtigkeit des Ausbauziels betont.
Prämiensystem funktioniert durchaus
Und erst im Sommer vergangenen Jahres war die Regierung nach langem Zögern dem Rat von Experten gefolgt und hatte Prämien für den Kauf von Elektroautos ausgelobt. Seitdem gibt es 4000 Euro dazu beim Kauf von Autos mit E-Antrieb, je zur Hälfte vom Staat und von den Herstellern. Seitdem haben die Verkaufszahlen durchaus angezogen. International aber liegt Deutschland beim Bestand weit zurück: In Norwegen etwa waren zuletzt über 30 Prozent der zugelassenen Autos solche mit Batterien als Antrieb. Und auch in Schweden und den Niederlanden gibt es anteilig mehr E-Autos als in Deutschland. Weltweit an der Spitze liegt China. Hier wurden allein im vergangenen Jahr über 500.000 Elektroautos verkauft.
SPD-Ministerinnen sind nicht begeistert
Wenig begeistert von der schnöden Absage der Kanzlerin waren die zuständigen SPD-Ministerinnen Barbara Hendricks (Umwelt) und Brigitte Zypries (Wirtschaft). In einer gemeinsamen Stellungnahme heißt es, E-Mobilität sei für Industrie und Umwelt in Deutschland von herausragender Bedeutung. "Unsere ambitionierten Ziele sollten wir deshalb nicht einfach aufgeben, sondern lieber überlegen, wie wir Deutschland zum Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität machen."
Nur sinnvoll mit Öko-Strom
Auch die grüne Opposition war empört: "Mit der Politik von Union und SPD verliert das Autoland Deutschland den internationalen Anschluss an die Vorreiter der Elektromobilität", meinte der grüne Fraktionschef Anton Hofreiter. Aber er mahnte auch an, dass E-Autos in hoher Stückzahl nur sinnvoll seien, wenn der Strom für ihre Batterien auch aus alternativen Quellen stamme, und nicht aus Kohle-oder Kernkraftwerken. Noch so ein Problem bei der Debatte um Elektroautos.