Microsoft Skype
10. Mai 2011Microsoft, der in die Jahre gekommene Softwareriese aus Redmond, einem Vorort von Seattle im US-Bundesstaat Washington, sucht verzweifelt neue Geschäftsfelder. Der Umsatz mit Windows-Betriebssystemen ist schon zwei Quartale hintereinander rückläufig, die Verkäufe von Netbooks, in denen in der Regel Windows 7 Starter läuft, sind um 40 Prozent zurückgegangen. Dagegen wächst der Markt für Tablet-Computer rasant - dumm nur, dass Microsoft kein vernünftiges Betriebssystem für Tablets im Portfolio hat.
Auch in anderen Geschäftsbereichen haben die Strategen in Redmond Grund, nervös zu werden: Keiner mag mit Microsofts Suchmaschine Bing arbeiten, alle Welt googelt. Die Welt der Smartphone-Betriebssysteme haben Apple und Google unter sich aufgeteilt, Microsoft versucht in einer Kooperation mit dem finnischen Handyhersteller Nokia verzweifelt, verlorenen Boden gutzumachen und das Betriebssystem Windows Phone im Markt zu etablieren.
Teure Übernahme
Nach einem erfolglosen Versuch, das Internet-Unternehmen Yahoo zu übernehmen, hat Microsoft nun zugeschlagen: Der Software-Gigant kauft für 8,5 Milliarden Dollar den Internettelefonie-Anbieter Skype. Das ist die teuerste Übernahme in der Microsoft-Unternehmensgeschichte. "Skype ist ein phantastisches Angebot, das von Millionen Leuten weltweit geschätzt wird", erklärte Microsoft-Chef Steve Ballmer am Dienstag (10.05.2011). "Zusammen werden wir die Zukunft der Echtzeit-Kommunikation schaffen, so dass jeder ganz leicht mit seiner Familie, Freunden, Kunden und Kollegen überall auf der Welt in Verbindung bleiben kann."
Fest steht: mit Hilfe der VoIP-Technik (Voice over IP) von Skype kann Microsoft sein schwächelndes Mobilfunkgeschäft stärken, das dem der Konkurrenten Google und Apple hinterherhinkt. Zudem erwirtschaftet Microsoft immer noch den Großteil seines Gewinns mit dem Betriebssystem Windows und den Office-Anwendungen. Zur Office-Sparte zählt auch ein Produkt namens Lync, das E-Mail, Instant Messaging und Internettelefonie kombiniert. Skype könnte an dieser Stelle integriert werden.
Wechselvolle Geschichte
Allerdings ist bislang noch kein Investor mit Skype glücklich geworden. Das Unternehmen galt einst als Europas Leuchtturm im Internet. Im Jahr 2003 gründeten der Schwede Niklas Zennström und der Däne Janus Friis den Service, der kostenlose Telefongespräche über das Internet vermittelt. Zwei Jahre später schnappte sich der US-Onlinehändler Ebay das Startup-Unternehmen für 3,1 Milliarden Dollar. Unter Ebay konnte Skype zwar die Anzahl der registrierten Nutzer von 53 Millionen auf mehr als 405 Millionen steigern, aber die erhofften Synergien mit Ebays Kerngeschäft blieben aus.
2009 wollte Ebay Skype zunächst über die Börse abspalten, doch im September verkaufte der Onlinehändler 65 Prozent an eine Gruppe um den Finanzinvestor Silver Lake und Netscape-Gründer Marc Andreessen. Die Investoren zahlten 1,9 Milliarden Dollar in bar. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Skype bei einem Umsatz von 860 Millionen Dollar ein operatives Ergebnis von 264 Millionen Dollar. Der Nettoverlust belief sich auf sieben Millionen Dollar, die Schulden betrugen per Jahresende 686 Millionen Dollar - und die muss Microsoft mit übernehmen.
Autor: Rolf Wenkel (dpa, rtr, dapd)
Redaktion: Henrik Böhme