Mit 34 Jahren an Finnlands Spitze
8. Dezember 2019"Wir müssen uns darum bemühen, Vertrauen aufzubauen", hatte Verkehrs- und Kommunikationsministerin Sanna Marin noch am Dienstag gesagt, nachdem Regierungschef Antti Rinne das Handtuch geworfen hatte. "Wir haben viel Arbeit vor uns, um Vertrauen zurückzugewinnen", sagte Marin am Sonntagabend, nachdem sie von ihrer sozialdemokratischen Partei zur Nachfolgerin Rinnes gekürt worden war.
Mit 34 Jahren wird Marin eine der jüngsten Regierungschefs weltweit. "Ich habe nie über mein Alter oder mein Geschlecht nachgedacht; ich denke an die Gründe, die mich in die Politik gebracht haben", entgegnete sie auf entsprechende Journalistenfragen. Und als sich das Interesse in Helsinki dann doch noch auf die Politik richtete, sagte sie: "Wir haben ein gemeinsames Regierungsprogramm, dem wir uns verpflichtet haben."
Ein Post-Streik brachte Rinne zu Fall
Große politische Veränderungen sind von der neuen Ministerpräsidentin demnach nicht zu erwarten. Finnlands Fünf-Parteien-Koalition regiert allerdings auch gerade mal seit sechs Monaten, und davon entfielen einige Wochen auf den Streit um eine Reform bei der finnischen Post, an dessen Ende der wichtigste Koalitionspartner der Sozialdemokraten, die Zentrumspartei, dem Regierungschef das Vertrauen entzogen hatte.
Der Streit hatte sich an der Frage entzündet, ob die Mitte-Links-Regierung rund 700 Postbeschäftigten die Gehälter kürzen wollte. Das wäre nämlich eine Folge der angestrebten Reform gewesen. Heftige Proteste hatten derartige Pläne zwar zunichte gemacht, die Gewerkschaften wollten aber dennoch explizit wissen, ob die Regierung als einziger Anteilseigner die Reform gebilligt hatte. Premier Rinne dementierte noch Ende November, dass die Regierung schlechteren Arbeitsbedingungen bei der Post zugestimmt habe. Die Post-Spitze sprach daraufhin von Lügen, die Zentrumspartei von zerrüttetem Vertrauen - und Rinne daraufhin von Rücktritt.
Nun muss die Zentrumsparteien entscheiden, ob sie an der Koalition festhält oder ob es Neuwahlen geben soll. Der Zeitpunkt für Regierungskrisen ist ohnehin etwas unpassend, da Finnland aktuell die EU-Ratspräsidentschaft innehat und deshalb eine zentrale Rolle bei der Ausarbeitung des neuen EU-Haushalts spielt. Ministerpräsidentin Sanna Marin soll am Dienstag im Parlament vereidigt werden. Dann beginnt das Ringen um Vertrauen und Stabilität in Finnlands Fünf-Parteien-Koalition aus Sozialdemokraten, Zentrum, Grünen, Linken und der Partei der schwedischsprachigen Minderheit.
rb/wa (afp, ap, dpa, rtr)