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"Weitere Grenze überschritten"

28. August 2015

Nach dem Brandanschlag auf eine bewohnte Flüchtlingsunterkunft in Niedersachsen sehen Politiker eine neue Qualität der Angriffe erreicht. Ministerpräsident Weil sprach von versuchtem Mord. Es gab erste Festnahmen.

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Asylheim in Salzhemmendorf nach dem Brandanschlag (Foto: picture alliance/AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Stratenschulte

"Um es klar zu sagen: Das war versuchter Mord", sagte Weil bei einem Besuch der Unterkunft bei Hameln. Der SPD-Ministerpräsident sprach vom schwerwiegendsten fremdenfeindlichen Vorfall in den vergangenen Jahren in Niedersachsen. Dies sei unerträglich und zutiefst beschämend. Die Menschen seien nur mit knapper Not Verletzungen und Tod entgangen. Der oder die Täter hätten bewusst in Kauf genommen, dass Kinder verbrennen. Es sei "Glück im Unglück", dass bei diesem Verbrechen nicht noch mehr passiert sei. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt im Fall des Brandanschlags in Salzhemmendorf wegen des Verdachts auf schwere Brandstiftung, die Polizei hat drei Tatverdächtige festgenommen.

"Mit dem Anschlag auf eine bewohnte Unterkunft, bei dem der Tod von Menschen gewollt oder zumindest in Kauf genommen wurde, hat der Fremdenhass in diesen Tagen eine weitere Grenze überschritten", sagte die Grünen-Rechtsexpertin Katja Keul. Angesichts der bundesweiten Serie von Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte forderte Keul, der Generalbundesanwalt müsse die Ermittlungen an sich ziehen.

In den letzten Wochen waren Asylunterkünfte immer wieder Ziel von Brandanschlägen. Doch in der vergangenen Nacht in Salzhemmendorf gab es einen entscheidenden Unterschied. Diesmal traf keine Unterkunft, die erst noch bezogen werden sollte, sondern eine Wohnung, in der eine Frau aus Simbabwe mit ihren Kindern im Alter von vier, acht und elf Jahren lebt. Bei dem angegriffenen Gebäude handelt es sich um eine ehemalige Schule, in der ausschließlich Asylbewerber leben. Mehr als 30 Flüchtlinge aus verschiedenen Ländern sind dort untergebracht.

Nach Polizeiangaben warfen die Täter gegen zwei Uhr nachts einen Molotow-Cocktail in das Gebäude, in den Bereich, wo die Familie aus Simbabwe wohnte. Verletzt wurde niemand, die Feuerwehr konnte den Brand rasch löschen.

Feuer in Sachsen - Belohnung in Brandenburg

Auch in Sachsen hat es in einem weiteren Asylbewerberheim gebrannt. Die Ursache für das Feuer am Freitag in der bewohnten Unterkunft in Aue war zunächst unklar, die Polizei gab keine näheren Auskünfte. Laut Polizei-Angaben hatten Unbekannte auf dem Gelände einen Müllcontainer angezündet.

Verstört - aber unverletzt: Bewohner des Unterkunft im sächsischen Aue (Foto: picture alliance/AP)
Verstört - aber unverletzt: Bewohner des Unterkunft im sächsischen AueBild: picture-alliance/AP Photo/J. Stratenschulte

Nach der Zerstörung einer geplanten Flüchtlingsnotunterkunft im brandenburgischen Nauen durch einen Brandanschlag hat das Land 20.000 Euro Belohnung für erfolgreiche Hinweise auf die Täter ausgelobt. Die Sporthalle eines Nauener Schulzentrums sollte in der ersten Septemberhälfte als vorübergehende Notunterkunft für Asylbewerber im Landkreis Havelland eingerichtet werden. Sie wurde durch das Feuer vom frühen Dienstagmorgen vollständig zerstört, so dass dort auch Vereins- und Schulsport nicht mehr möglich sind. Bei der Untersuchung des Brandortes waren unter anderem Spuren eines Brandbeschleunigers nachgewiesen worden.

Polizeigewerkschaft will Mitspracherecht

Angesichts der angespannten Lage fordert die Polizeigewerkschaft GdP Mitsprache bei Planung von Asylunterkünften. Das Fachwissen der Beamten in Sicherheitsfragen werde in diesem Bereich bislang nicht häufig genug genutzt, kritisierte der Vizevorsitzende der GdP, Jörg Radek. Bei entsprechender Planung der Unterkünfte könnten solche Anschläge zwar nicht immer vereitelt, aber deutlich erschwert werden, sagte Radek. Er sprach sich zudem dafür aus, zusätzlich zur Polizei verstärkt private Sicherheitsdienste zum Schutz der Unterkünfte einzusetzen.

qu/fab (dpa, afp, epd, kna, Tagesschau)