Soldaten gegen Amokläufer und Terroristen?
24. Juli 2016Nach dem kaltblütigen Anschlag in München schließt Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine Verschärfung des Waffenrechts nicht aus. Zunächst müsse ermittelt werden, wie sich der 18-jährige Todesschütze die Waffe beschafft habe, sagte der Minister der "Bild am Sonntag". "Dann müssen wir sehr sorgfältig prüfen, ob und gegebenenfalls wo es noch gesetzlichen Handlungsbedarf gibt", fügte de Maizière hinzu. Die deutschen Waffengesetze seien allerdings jetzt schon "sehr streng".
"Zugang zu Waffen begrenzen"
Auch Vizekanzler Sigmar Gabriel forderte eine bessere Waffenkontrolle. Ein labiler oder sogar psychisch kranker 18-Jähriger dürfe nicht an Schusswaffen gelangen, sagte der SPD-Vorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es müsse alles getan werden, um den Zugang zu tödlichen Waffen zu begrenzen und streng zu kontrollieren, so Gabriel.
Der 18-jährige Schüler David Ali S. hatte am Freitagabend beim Münchner Olympia Einkaufszentrum (OEZ) neun Menschen und dann sich selbst erschossen. Der Deutsch-Iraner hatte sich die Waffe für seine Tat offenbar illegal besorgt. Der Täter war für die Sicherheitsbehörden ein unbeschriebenes Blatt. Gegen ihn seien weder polizeiliche Ermittlungen bekannt, noch hätten die Nachrichtendienste Erkenntnisse über ihn, sagte de Maizière. Möglicherweise sei der junge Mann gemobbt worden.
Gewaltbereit durch Computerspiele?
De Maizière machte brutale Internetvideos und Computerspiele für Gewaltexzesse wie in München mitverantwortlich. Der Amokschütze, der in München aufgewachsen ist und zur Schule ging, litt nach ersten Erkenntnissen von Ermittlern unter einer psychischen Erkrankung.
Außerdem will De Maizière die Einsatzkonzepte der Polizei noch einmal unter die Lupe nehmen lassen. "Das wird sicher jetzt noch einmal überprüft werden müssen", sagte der CDU-Politiker in der ARD mit Blick auch auf die Änderungen der Konzepte nach den Amokläufen an Schulen in Erfurt 2002 und Winnenden 2009.
Nachdenken über Bundeswehreinsätze im Innern
Konkreter wurde Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Er forderte in der "Welt am Sonntag", dass sich die Polizei in Deutschland bei Terrorlagen von der Bundeswehr helfen lassen darf. In extremen Situationen wäre es völlig unbegreiflich, wenn gut ausgebildete Soldaten nicht eingesetzt werden dürfen, obwohl sie bereitstünden. Das sei in den meisten europäischen Ländern selbstverständlich.
Die historisch begründeten Vorbehalte in der Bundesrepublik seien überholt. "Wir leben nicht in Zeiten der Weimarer Republik. Wir haben eine absolut stabile Demokratie", sagte Herrmann. Die Oberhoheit für den Einsatz müsse aber bei der Polizei bleiben, betonte der CSU-Politiker. Nach Angaben von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" war während des Vorfalls in München eine Feldjäger-Einheit der Bundeswehr in Bereitschaft versetzt worden, da zunächst ein Terroranschlag nicht ausgeschlossen werden konnte.
Zahl der Verletzten gestiegen
Die bayerische Landesregierung will nach dem Amoklauf die Polizei besser ausstatten, wie Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nach einer Sondersitzung des Kabinetts in München mitteilte. Er deutete an, dass es mehr Geld für die Polizei geben soll - sowohl für zusätzliche Stellen als auch für neue Ausrüstung. Am Freitagabend waren etwa 2300 Polizisten in München im Einsatz gewesen, darunter auch die Spezialeinheit GSG 9 der Bundespolizei. Seehofer kündigte für den 31. Juli einen Trauerakt im bayerischen Landtag an.
Unterdessen hat sich die Zahl der Verletzten nach den Ereignissen in München weiter erhöht. Momentan sei von 35 Verletzten auszugehen, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamtes. Zehn von ihnen gelten weiter als Schwerverletzte. Unter den 35 Menschen seien auch welche, die am Freitagabend bei den panikartigen Szenen in Teilen der Münchner Innenstadt verletzt worden waren.
cw/fab (dpa, rtr, afp)