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Ukraine: Hilfe für die alte Heimat

Frank Hofmann13. Mai 2015

Mit 17 Millionen Euro unterstützen die USA bis Ende Oktober die ukrainischen Streitkräfte. In der West-Ukraine werden 900 Nationalgardisten ausgebildet - manche von ehemaligen Landsleuten. Aus Lemberg Frank Hofmann:

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US-Armee bildet Soldaten in der Ukraine aus (Foto: Frank Hofmann)
Bild: DW/F. Hofmann

Anton Bezmenow atmet tief durch. Ob er sich vorstellen könne jetzt als ukrainischer Soldat zu kämpfen? "Es ist keine gute Zeit für die ukrainischen Streitkräfte", sagt er diplomatisch. Zu schlecht ausgebildet, unterfinanziert. Der US-Soldat bildet mit 300 weiteren Kameraden ukrainische Nationalgardisten auf dem größten Truppenübungsplatz des Landes, Yavorivski Poligon, aus.

Wenn es das Schicksal anders mit ihm gewollt hätte, wäre er womöglich jetzt nicht Trainer, sondern Schüler. Bezmenow ist 1999 als Kind von der Ukraine in die USA ausgewandert, lebt heute im Bundesstaat Maryland. Geboren aber ist er in Mariupol. Die Großstadt liegt am Asowschen Meer in der Südost-Ukraine, dort, wo weiter östlich die Front verläuft zwischen den Kiew-treuen Truppen und den prorussischen Separatisten.

Östlich von Mariupol hält der Mitte Februar in Minsk vereinbarte Waffenstillstand bis heute nicht. Doch an all das mag Bezmenow nicht denken. Mariupol ist 1500 Kilometer entfernt von hier, und der Krieg so weit weg wie seine Highschool-Zeit her ist - gefühlt. Heimatgefühle hier in der Ukraine hat er eher nicht.

Armeereform von oben

Auch seine Eltern leben mittlerweile in den USA, er hat keine Familie mehr in der ukrainischen Heimatstadt, höchstens noch ein paar alte Schulfreunde - doch der Kontakt ist abgebrochen und Bezmenow nach 16 Jahren in den USA ein anderer Mensch geworden. Er fühlt sich in erster Linie als US-Armee-Angehöriger: "Am wichtigsten ist, dass sie jetzt lernen und das Gelernte nicht vergessen. Sie müssen die Armee aufbauen, und zwar von oben nach unten.“

An eine demokratische Wandlung der über Jahre ausgelaugten und von Korruption durchzogenen ukrainischen Streitkräfte glaubt Anton Bezmenow nicht. Bis zum Sturz des Janukowitsch-Regimes war die ukrainische Armee ein Selbstbedienungsladen der regimetreuen Befehlshaber. "Die Streitkräfte müssen finanziell wieder besser ausgestattet werden", meint er. So sehen es die meisten der Nationalgardisten, die mit gespendeten Uniformen unter US-Aufsicht Schießübungen machen. Eine deutsche Bundeswehruniform ist da genauso dabei wie eine der ukrainischen Polizei - Miliz steht auf einem der Rücken.

Ausbildung für 900 Nationalgardisten

Doch die US-Soldaten wollen kein schlechtes Wort über ihre ukrainischen Schüler verlieren. Im Gegenteil: "Sie sind gute Soldaten", sagt Presseoffizier Alexander Skripnichuk. Der US-Offizier ist mit zehn Jahren aus der Ukraine ausgewandert. "Ich habe in den Nachrichten gesehen, was in der Ukraine passiert, hoffe aber, dass jetzt alles gut wird." Auch mit Unterstützung aus den USA, die bis Ende Oktober 900 Nationalgardisten ausbilden wollen.

Über den Truppenübungsplatz hallen wieder Schüsse. Die Unterschiede selbst zwischen den ukrainischen Emigranten und den Ukrainern aber sind kaum zu übersehen: Zwar essen die Soldaten auf dem Kasernengelände in ein und derselben Kantine. Am Eingang bittet ein amerikanischer und ein ukrainischer Soldat um Unterschriften für die Anwesenheitsliste. Doch die US-Boys reihen sich links ein, die Ukrainer stehen rechts in der Schlange.

Und manche der Ukrainer wundern sich über die Kameras, von denen sie immer wieder gefilmt werden. Seit Anfang Mai sind Journalisten auf den Truppenübungsplatz eingeladen. Presseoffizier Skripnichuk spricht Englisch und immer noch Ukrainisch. Ihm kommt eine besondere Rolle zu - er muss vor allem mit den ukrainischen Wachen reden.

"Sie haben wieder nicht Bescheid gegeben", kommentiert er die fehlende Nachricht, dass ein Trupp Journalisten durchs Tor will. Die Wache weiß nichts von Journalisten auf dem geheimen Militärgelände. "Sie müssen erst noch anrufen." Es ist nicht das erst Mal an diesem Tag. So viel Offenheit verblüfft die Wachen. "Ich wünsche meinem Heimatland alles Gute", sagt Alexander Skripnichuk. Aber es ist gut, dass er heute in den USA zu Hause ist.