Montgomery für deutschlandweite 2G-Regel
9. September 2021Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, plädiert im Kampf gegen die vierte Pandemie-Welle für eine umfassende 2G-Regel. "Um die vierte Welle zu brechen, bevor sie dramatisch wird, sollte man jetzt bundesweit überall dort, wo es möglich ist, eine 2G-Regel einführen", sagte Montgomery der Funke Mediengruppe. Damit würde der Zugang zu Veranstaltungen oder in der Gastronomie nur Genesenen und Geimpften erlaubt. Es werde kaum reichen, die Impfquote durch mobile Angebote zu erhöhen, so Montgomery.
Dort, wo es nicht praktikabel sei, Ungeimpfte auszuschließen, wie etwa im Öffentlichen Nahverkehr, müsse dann zumindest eine strengere 3G-Regel gelten, führte der Radiologe weiter aus. "Ungeimpfte müssten dann einen aktuellen PCR-Test vorweisen. Ein einfacher (Antigen-)Schnelltest dürfte nicht mehr ausreichen", sagte er. Eine solche erweiterte 2G-Regel könne der nötige Anreiz sein, sich impfen zu lassen.
Die Bereitschaft, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen, stagniert in Deutschland - die Infektionszahlen steigen. Bislang sind etwa 62 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen COVID-19 geimpft. Aus Sicht der Bundesregierung und des Robert-Koch-Instituts (RKI) reicht dies bei weitem nicht aus, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Gesundheitsminister Jens Spahn sprach am Mittwoch von einer "Pandemie der Ungeimpften". Die meisten COVID-19-Patienten auf Intensivstationen seien Ungeimpfte, sagte er.
Die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen stieg an diesem Donnerstag leicht auf 83,5. Vor einer Woche lag sie bei 76,9. Deutschlandweit wurden binnen 24 Stunden 50 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus registriert. Vor einer Woche lag der Wert bei 33.
2G in Hamburg und Baden-Württemberg
Als erstes Bundesland hatte Hamburg im August das 2G-Optionsmodell eingeführt. Das bedeutet, private Anbieter, wie Wirte und Theaterbetreiber können grundsätzlich entscheiden, wen sie als Kunden haben möchten und wen nicht. Wenn sie nur Geimpfte oder Genesene einlassen, sind die Hamburger Auflagen für Schutzmaßnahmen - beispielsweise Abstandsregelungen - deutlich gelockert.
In Baden-Württemberg werden vom kommenden Montag an Ungeimpfte schrittweise vom öffentlichen Leben ausgeschlossen, falls zu viele Corona-Patienten auf den Intensivstationen liegen. Das berichten der "Business Insider" und die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf Regierungskreise. Damit würde die Landesregierung in Stuttgart die aktuell strengsten Corona-Regeln bundesweit einführen. Die 2G-Regel soll in dem südlichen Bundesland verpflichtend gelten, wenn 390 Intensivbetten landesweit belegt sind. Sobald 250 Intensivbetten mit Corona-Patienten belegt sind, sollen Ungeimpfte nur mit einem negativen PCR-Test Zugang zu öffentlichen Bereichen bekommen.
Deutschlandweit gilt mit Blick auf Herbst und Winter für bestimmte Innenräume derzeit schon die 3G-Regel: Zugang nur mit Nachweis als Geimpfter, Genesener oder negativ Getesteter.
Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, zeigt sich kritisch gegenüber Einschränkungen für Menschen, die sich bisher nicht gegen Corona impfen ließen. Grundsätzlich sei aus ethischer Perspektive das 3G-Modell, also geimpft, genesen oder getestet, besser, sagte sie der Zeitung "Die Welt". Je mehr Teilhabe für alle Menschen möglich sei, desto besser.
"Schulen müssen ausgespart werden"
Schulen sollten aus Sicht von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich generell von einer 2G-Regelung ausgenommen bleiben. "Schulen und Kitas haben nach den Erfahrungen der vergangenen eineinhalb Jahre mit der Pandemie absolute Priorität." Sie dürften nicht wieder eingeschränkt werden, sagte Mützenich der "Rheinischen Post". "Wir müssen beim Impfen besser werden, und auch der Impfstoff für die kleinen Kinder muss kommen", verlangte der SPD-Mann.
Allgemein blicken Politik und Pädagogen mit Sorge auf die steigenden Corona-Infektionszahlen unter Schülerinnen und Schülern. "In der Tat ist das Infektionsgeschehen in der Altersgruppe, die Schulen besucht, derzeit besonders heftig", sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, der "Passauer Neuen Presse". Das bedeute aber nicht, dass betroffene Schulen deswegen sofort geschlossen werden müssten.
se/AR (dpa, kna, rnd, rki)