Evo Morales will die Wogen glätten
10. November 2019Um den Frieden in dem südamerikanischen Land zu bewahren, starte er einen dringenden Aufruf an die Parteien, die bei der umstrittenen Wahl vor drei Wochen Parlamentssitze gewannen, twitterte der linke Präsident Evo Morales (Artikelbild). Er bat Papst Franziskus sowie verschiedene Kirchen und internationale Organisationen, die Gespräche zu begleiten.
Seit der Präsidentenwahl am 20. Oktober liefern sich die politischen Lager in Bolivien erbitterte Auseinandersetzungen. Regierungsgegner zweifeln den Sieg von Morales in der ersten Runde an und fordern eine Überprüfung der Wahl.
Morales sprach von einem Putschversuch gewalttätiger Gruppen, die die verfassungsmäßige Ordnung aushöhlen wollten. Die Demokratie des Landes sei deshalb in Gefahr, twitterte er.
Einige Stunden danach unterbrachen Regierungsgegner den Betrieb der staatlichen Sender Bolivia TV und Radio Patria Nueva. Organisierte Gruppen hätten die Mitarbeiter der Sender bedroht und eingeschüchtert und sie dann gezwungen, ihre Arbeitsplätze zu verlassen, schrieb Morales auf Twitter. "Sie sagen, dass sie die Demokratie verteidigen, verhalten sich aber wie in einer Diktatur."
Berichte über abtrünnige Polizeieinheiten
Berichten zufolge rebellieren in mehreren Regionen des Landes Polizisten gegen Morales. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP wechselte zunächst die Polizei in der viertgrößten Stadt Cochabamba die Seiten. Einheiten in der südöstlichen Stadt Sucre und in der Oppositionshochburg Santa Cruz hätten sich angeschlossen. In der Hauptstadt La Paz sollen zudem Dutzende Polizisten an einer Demonstration gegen die Regierung teilgenommen haben.
Morales rief die Polizei vor Reportern dazu auf, die Verfassung zu erfüllen. Oppositionsführer Luis Fernando Camacho dankte der Polizei dagegen auf Twitter dafür, dass sie "auf der Seite des Volkes" stehe.
Armee will nicht eingreifen
Die Armee erklärte derweil, nicht in den Konflikt eingreifen zu wollen. Man werde sich nicht dem Volk entgegenstellen, in dessen Mitte man lebe, betonte Militärchef Williams Kaliman. Vielmehr garantiere die Armee ein friedliches Zusammenleben. Es handele sich um ein "politisches Problem", das deshalb auch auf politischer Ebene gelöst werden müsse.
Morales ist der dienstälteste Präsident des Kontinents. Bereits seit 2006 leitet der frühere Koka-Bauer die Geschicke Boliviens - wenn es nach ihm geht, will er bis zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeit 2025 am Ruder bleiben. Zwar floriert Bolivien unter dem linken Präsidenten, die Förderung von Gas und Lithium bescherte dem Armenhaus Südamerikas zeitweise Wachstumsraten von mehr als sechs Prozent.
Doch das zunehmend selbstherrliche und autoritäre Gehabe des indigenen Staatschef stößt immer mehr Bolivianern bitter auf. Vor allem die Menschen im wirtschaftlich starken Osten des Landes fühlen sich von Morales über den Tisch gezogen.
gri/kle (dpa, rtre, ape, afp)