1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikAfrika

Mosambik: Entscheidung über Eingreiftruppe verschoben

Martina Schwikowski
29. April 2021

Die Lage in der mosambikanischen Krisenregion Cabo Delgado ist ernst. Am Donnerstag wollte das regionale Staatenbündnis SADC eigentlich die Entsendung einer Militärmission diskutieren. Doch das Treffen wurde abgesagt.

https://p.dw.com/p/3sjgy
Mosambikanische Soldaten in Cabo Delgado
Mosambikanische Soldaten in der Krisenregion Cabo DelgadoBild: Roberto Paquete/DW

Eine 3000 Mann starke militärische Eingreiftruppe aus den Nachbarländern soll die Regierung in Mosambik im Kampf gegen islamistische Terrormilizen unterstützen. So der Vorschlag einer Expertenmission, die vor einigen Tagen im Auftrag der südafrikanischen Staatengemeinschaft SADC in die Krisen-Provinz Cabo Delgado im Norden Mosambiks gereist war. Am Donnerstag (29. April) wollten Staatsoberhäupter aus der Region über den Einsatz eines solchen Hilfskommandos entscheiden. Doch das Treffen wurde abgesagt: Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisi ist wegen eines Corona-Falls in seinem Umfeld in Quarantäne. Südafrikas Staatschef Cyril Ramaphosa muss vor einem Untersuchungsausschuss aussagen.

Massive Verluste für Unternehmen und ihre Arbeiter

In Cabo Delgado liefern sich islamistische Terrormilizen seit Wochen schwere Kämpfe mit Regierungssoldaten. Viele Menschen kamen bei den Angriffen der Dschihadisten auf die Küstenstadt Palma Ende März ums Leben. Anderen ist die Flucht in die Regionalhauptstadt Pemba gelungen. Dort leben bereits Hunderttausende Binnenvertriebene, die vor der seit drei Jahren grassierenden Gewalt im Norden der Provinz aus der Stadt Palma und ihrer Umgebung geflüchtet sind.

Mosambik: Flüchtlinge aus Palma in Pemba
Viele Menschen fliehen vor der GewaltBild: DW

Zwar konnte die mosambikanische Regierung die Kontrolle über Palma zurückerlangen, aber die Lage bleibt laut Experten unsicher. Der jüngste Angriff veranlasste den französischen Ölkonzern Total, den Standort eines immensen Gasprojekts, das 2024 die Produktion aufnehmen sollte, auf unbestimmte Zeit aufzugeben. Das Unternehmen hat sein Gelände in unmittelbarer Nähe von Palma. An das Milliardenprojekt zur Erschließung von Flüssig-Erdgasvorkommen, das Total gemeinsam mit dem US-Konzern ExxonMobil verfolgt, knüpfen sich viele Hoffnungen. Für Mosambik bedeutet es die Chance auf wirtschaftliches Wachstum. Nun drohen massive Verluste für Firmen und Arbeitnehmer - und damit für den mosambikanischen Staat.

Die Zukunft ist ungewiss

Reef Investimento, ein Bauunternehmen mit Sitz in Pemba, ist einer der Unterauftragnehmer von Total beim Gasprojekt Afungi. Die Werft von Firmenbesitzer Syrika Karidi wurde bei dem Terroranschlag auf Palma in Brand gesetzt. Durch den Ausstieg von Total werde das Leben noch schwieriger, sagt Karidi. Er rechnet mit einem direkten Verlust von mehr als vier Millionen Dollar.

Daher treiben ihn große Sorgen um: "All diese Investitionen wurden über Leasing und Bankkredite getätigt und jetzt weiß ich nicht, was ich tun soll. Ich zahle sie Stück für Stück zurück, monatlich zahle ich zwei Millionen Meticais [umgerechnet rund 29.000 Euro] und ich dachte, wir würden Rendite bekommen, wenn wir arbeiten. Ich habe dort auch ein Camp mit 40 Zimmern gebaut, in der Hoffnung, dass meine Arbeiter in Palma bleiben würden. Jetzt weiß ich nicht, wie wir das machen sollen", sagt Karidi im DW-Interview.

Luftaufnahme des Gasprojekts Afungi
Das Gasprojekt Afungi steht vor einer ungewissen ZukunftBild: Grant Lee Neuenburg/WFP/REUTERS

Viele Unternehmen haben jetzt Afungi in Richtung Pemba verlassen. Sie sind gezwungen, nach neuen Möglichkeiten zu suchen, um ihre Bankkredite abzuzahlen. "Wir werden sehen, was passiert", seufzt Karidi. "Jetzt ist alles verfrüht, denn es gibt noch keine Sicherheitsgarantien in Cabo Delgado. Heute zeigen die Leute nur mit dem Finger auf Total und sagen, dass die Firma das Land im Stich gelassen hat. Aber was soll Total tun? Es ist nicht ihre Schuld. Total kann gehen, weil sie auch viel Geld verloren haben und es keine Sicherheit gibt, weiterzumachen", sagt Karidi.

Recht und Ordnung sollten in den umstrittenen Gebieten in Cabo Delgado wiederhergestellt werden. Eines der konkreten Ziele für die militärische Eingreiftruppe wäre laut Vorschlag der technischen Mission die Rückeroberung der Hafenstadt Mocimboa da Praia an der Küste, die die Aufständischen seit August letzten Jahres halten. Beim geplanten Gipfel am Donnerstag wollten Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, Präsident Mokgweetsi Masisi aus Botswana und Simbabwes Staatschef Emmerson Mnangagwa mit Mosambiks Präsident Filipe Nyusi beraten, ob sie die Empfehlung zur Entsendung der Truppe annehmen.

Mosambik fürchtet um Souveränität

Die politische Aktivistin Quitéria Guirengane hatte im Vorfeld gehofft, dass der Vorschlag abgesegnet würde: "Das ist er ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Terrorismus. Es ist eine wichtige Entscheidung, weil sie verschiedene Dimensionen berücksichtigt: Militärische, nachrichtendienstliche und humanitäre Hilfe", sagt sie im DW-Interview.

Filipe Nyusi, Präsident von Mosambik
Ob Präsident Nyusi der Entsendung einer regionalen Truppe zustimmen würde, ist ungewissBild: DW

Allerdings waren vor dem geplanten Gipfel zentrale Fragen ungeklärt. Der Afrikaexperte Fernando Cardoso warnte: "Die Beteiligung ausländischer Truppen in Mosambik muss auf der Grundlage erfolgen, dass sie akzeptieren, dass die Leitung der Operationen mosambikanisch ist." Eine multilaterale Truppe habe aber diese Handlungsprinzipien nicht. Cardoso vermutete, dass keiner der truppenstellenden Nationen akzeptieren werde, dass seine Soldaten von anderen militärischen Kräften befehligt würden.

Der Aktivist Guirengane hatte daher hitzige Debatten auf dem Gipfel erwartet. Denn Mosambik habe stets deutlich gemacht, lediglich Unterstützung in Form von Training, Ausrüstung und Nachrichtendiensten zu erwarten. Nun bleibt abzuwarten, wann das Treffen nachgeholt wird - und wie die Diskussion über die Eingreiftruppe ausgeht. 

Mitarbeit: Nádia Issufo und Amós Fernando