Motassadeq aus der U-Haft entlassen
8. Februar 2006Die Freilassung geht auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Februar zurück. Daraufhin verließ der 31 Jahre alte Motassadeq mit seinem Anwalt das Untersuchungsgefängnis. Die obersten Richter werfen ihren Hamburger Kollegen Fehler beim Haftbeschluss vor. Motassadeq war im August 2005 im Zusammenhang mit den Terroranschlägen des 11. September 2001 zu sieben Jahren Haft wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden.
Erster Prozess
Der Elektronikstudent Motassadeq war im November 2001 im Zusammenhang mit den Anschlägen in den USA in Hamburg festgenommen worden. Im Februar 2003 wurde er zunächst zu 15 Jahren Freiheitsstrafe wegen Beihilfe zu diesen Morden verurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil ein Jahr später auf und wies den Fall an das Oberlandesgericht Hamburg zurück. Daraufhin setzte das Hamburger Gericht die Untersuchungshaft für Motassadeq im April 2004 aus. Der Angeklagte meldete sich regelmäßig bei den Behörden und erfüllte die Auflagen.
Zweiter Prozess
Als Motassadeq in einem zweiten Prozess im August 2005 wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde, wurde der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt. Seither saß Motassadeq wieder in Untersuchungshaft. Die Anklage wegen Beihilfe zum Mord in über 3000 Fällen hielt das Gericht nicht für erwiesen. Das Urteil über die sieben Jahre Haft ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung legte Revision ein, weil sie den Schuldspruch als fehlerhaft beanstandet. Die Staatsanwaltschaft legte ebenfalls Revision ein, um eine höhere Strafe zu erreichen. Darüber hat der BGH noch nicht entscheiden.
Sieben Jahre Haft als möglicher Fluchtgrund?
Das Bundesverfassungsgericht war jetzt der Ansicht, weil Motassadeq die Auflagen streng befolgt habe, sei ein "Vertrauenstatbestand" geschaffen worden. Er hätte demnach nicht wieder verhaftet werden dürfen, weil sich die Grundlagen der Haftverschonung nicht weit genug geändert hätten. Die Hamburger Richter dagegen hatten gesagt, dass die Verurteilung zu sieben Jahren Haft als möglicher Fluchtgrund zu sehen seien.
Das vollständige Urteil des Oberlandesgerichts - gut 400 Seiten stark - ist den Verteidigern des Marokkaners erst vor wenigen Tagen zugestellt worden. "Bis zum 27. Februar haben wir nun Zeit, die Revision zu begründen", sagt Anwalt Gerhard Strate. Dann kann es Monate dauern, bis der Bundesgerichtshof zu einer Entscheidung kommt. (kap)