"Mr. GASP" will die EU außenpolitisch einen
4. August 2004Joschka Fischer, Michel Barnier, Jack Straw, Bernard Bot, Luis Michel - sie sind nur einige der 25 Außenminister der EU-Länder. Jeder vertritt die Interessen seines Landes. Dabei gibt es bereits seit fast fünf Jahren so etwas wie einen gemeinsamen EU-Außenminister. Korrekt gesagt den Hohen Vertreter der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, kurz "Mr. GASP" genannt. Javier Solana ist dieser "Mr. GASP", seit es das Amt gibt. Er reist für die Europäische Union (EU) durch die Welt - als die außenpolitische Stimme des Kontinents.
Effiziente EU
"Ich weiß, was die Europäische Union ist. Ich weiß, wie sie arbeitet. Und ich möchte sie im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik so effizient machen wie möglich. Das ist ein Bereich, der nicht zu den klassischen Aufgaben der Europäischen Union gehört", sagt Solana dazu.
Erst 1970 wurde überhaupt die politische Zusammenarbeit zwischen den damaligen Mitgliedsstaaten beschlossen. Aber von einer gemeinsamen Außenpolitik konnte keine Rede sein. Es gab keine außenpolitischen europäischen Ziele, keine außenpolitischen europäischen Instrumente. Und vor allem fehlte der Gemeinschaft eins: eine europäische Identität. "Wenn ich mit Europa sprechen will, wen rufe ich dann an?" fragte 1973 der damalige US-Außenminister Henry Kissinger. Aber die Mitgliedsstaaten waren nicht bereit, in einem so wichtigen Bereich wie der Außenpolitik Kompetenzen abzugeben. Vielmehr sollte das Verständnis zwischen den EG-Staaten durch die Zusammenarbeit verbessert werden. Dazu traf man sich zum Informationsaustausch.
Zeit, Geld und Menschenleben
Knapp 20 Jahre später konnten sich die EU-Staatschefs auf ihrem Gipfeltreffen in Maastricht schließlich zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik durchringen - immerhin auf dem Papier. Instrumente für eine effektive Arbeit wurden damit aber noch nicht geschaffen. Das sollte sich mit dem Amt des "Mr. GASP" ändern. Im Oktober 1999 trat der Spanier Solana diesen Posten an: "Ich denke, eines der wichtigen Dinge der Europäischen Union ist es, schnell handeln zu können. Wenn es eine Krise gibt, politische Probleme in der Welt, und man dann nicht handeln kann, verliert man Zeit, Geld und möglicherweise Menschenleben."
Um schneller auf Krisen reagieren zu können, beobachten und analysieren heute Mitarbeiter der so genannten Strategieplanungs- und Frühwarneinheit die internationalen Entwicklungen. Und zwar rund um die Uhr. Doch erst bei der letzten großen internationalen Krise, dem Irak-Konflikt, zeigte sich deutlich: Außen- und Sicherheitspolitik wird nach wie vor von nationalen Interessen bestimmt. Nicht geschlossen stand Europa da, sondern gespalten zwischen Kriegsgegner und -befürwortern.
"Die EU ist eine Organisation"
Javier Solana sieht seine Arbeit realistisch. Die EU sei kein Staat, sagt er, und daher könnten auch nicht die Instrumente und Regeln eines Landes einfach kopiert und angewendet werden. Auch wenn er selber in der Öffentlichkeit weniger deutlich wahrgenommen wird als seine nationalen Kollegen, ist er optimistisch: "Die Europäische Union ist eine Organisation, die manchmal nur meterweite Sprünge macht, manchmal aber auch Kilometer. Und ich denke, mit der EU-Verfassung gehen wir viele Kilometer weit. Eine Veränderung, die wirklich wichtig ist. Aber die EU ist trotzdem kein Land, sie bleibt eine Organisation, eine komplizierte Institution, in der aber nun 25 Staaten eine gemeinsame Außen- und gemeinsame Sicherheitspolitik haben werden."
In Zukunft soll es laut Verfassung einen richtigen EU-Außenminister geben. Den Posten soll Javier Solana übernehmen. Aber auch hier wird sich erst zeigen müssen, wie die Praxis aussieht. Und ob nicht weiterhin die vielen Politiker-Gesichter der Mitgliedsstaaten mit ihren nationalen Interessen das außenpolitische Geschehen der Europäischen Union beherrschen werden.