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Mögliche Erben Arafats

Peter Philipp11. November 2004

Wer wird den legendären Palästinenser-Führer Arafat beerben? Ein Überblick über mögliche Nachfolger.

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Wer folgt Arafat im Hauptquartier in Ramallah?Bild: AP

Palästinensische Sprecher waren sich in letzter Zeit einig, dass kein Einzelner in der Lage sein würde, die Lücke zu füllen, die ein Ableben Jassir Arafats hinterlassen würde. Weil der Palästinenserführer keinen Nachfolger aufgebaut oder vorgesehen hatte, erschwert dies die Lösung der Nachfolgefrage und es könnte einige Zeit dauern, bis eine dauerhafte Lösung gefunden ist. Umso mehr, als es nicht nur um die Wahl geht zwischen verschiedenen Personen, sondern auch zwischen verschiedenen Organisationen und Generationen.

So brachten sich die Islamisten von "Hamas" ins Gespräch, indem sie eine "kollektive Führung" mit ihrer Beteiligung forderten und so schwelt auch die Diskussion darüber, ob nun nicht die Zeit der jungen Generation gekommen ist: Der Palästinenser, die unter israelischer Besatzung aufgewachsen sind - im Gegensatz zu den traditionellen PLO-Führern, die mit Arafat aus dem Exil zurückgekommen waren.

Entscheidung innerhalb der PLO?

Mahmoud Abbas nominierter Palästinesischer Premierminister
Mahmoud Abbas alias Abu MasenBild: AP

"Hamas" fordert die kollektive Führung wohl nicht von ungefähr, denn nach der Ermordung ihrer wichtigsten Führer durch Israel kann die Islamisten-Organisation nicht mit Personen aufwarten, die auch nur annähernd in der Lage wären, die Führung der Palästinenser zu übernehmen. Die Wahl wird deswegen wohl in den Reihen der PLO getroffen - und da besonders der "Fatah" Jassir Arafats. Und es ist die Wahl zwischen der alten und der jungen Generation.

Zur "alten Garde" zählt vor allem der ehemalige palästinensische Ministerpräsident und heutige PLO-Generalsekretär Mahmoud Abbas. Der 1935 im - heute israelischen - Safed geborene "Abu Masen" - so sein Fatah-Deckname - studierte in Kairo und Moskau, er unterstützte den Oslo-Prozess und ist einer der wenigen heute noch lebenden Gründerväter der "Fatah". Abbas ist angesehen, verfügt über gute Kontakte zu zahlreichen Führern in der arabischen Welt, er hat die Friedensverhandlungen mit Israel unterstützt und sich für eine Ende der Gewalt ausgesprochen. Über der Frage der Kontrolle der Sicherheitsdienste überwarf er sich allerdings mit Arafat und trat als Regierungschef zurück.

Vom Fatah-Aktivisten zum Friedensbefürworter

Ahmed Kureia
Ahmed Kureia alias Abu AlaBild: AP

Auch der heutige Ministerpräsident, Achmed Kureia, wurden 1937 in einem Ostjerusalemer Vorort geboren und gehört damit auch zur alten Generation von Palästinenserführern. Der gelernte Banker Kureia ("Abu Ala") schloss sich erst später der PLO an und wurde bekannt, als er in den 1970er Jahren im Libanon deren Finanzen sanierte. Kureia gehört zu den führenden Vertretern der PLO im Oslo-Prozess, er hat sich ebenfalls für ein Ende der Gewalt eingesetzt, konnte sich aber auch nicht durchsetzen. Aufgestiegen zum Parlamentspräsidenten, löste er Mahmoud Abbas als Ministerpräsident ab, hatte bald aber ähnliche Probleme wie sein Vorgänger mit PLO-Chef Arafat.

Radschub
Dschibril RadschubBild: dpa

Zur jungen Generation gehört der Westbank-Sicherheitschef der 1953 in der Nähe von Hebron geborene Dschibril Radschub. Er hat sich in seiner langjährigen "Fatah"-Zugehörigkeit als entschlossener Weggefährte Arafats erwiesen, wurde von diesem aber auch nicht als möglicher Nachfolger aufgebaut. Schon früh kam Radschub in Konflikt mit den israelischen Besatzern, diese verhafteten ihn diverse Male, verurteilten ihn zu lebenslänglicher Haft und deportierten ihn in den Libanon. In seiner Haft lernte Radschub fließend Hebräisch und er hat sich längst den Respekt der Israelis dafür erworben, dass er konsequent gegen extremistische Gewalttäter vorgeht und Terroranschläge in Israel verurteilt.

Freilassung unwahrscheinlich

Barghouti
Marwan BarghoutiBild: dpa

Eine ähnliche Karriere hat der 1958 geborene Marwan Barghouti hinter sich: Auch er kam als einer der Aktivisten der ersten Intifada in israelische Haft und wurde in den Libanon deportiert. Er spricht Hebräisch und gehörte lange zu den klarsten Befürwortern eines Friedensprozesses. Während der "Al-Aqsa-Intifada" wurde Barghouti Anführer der "Tanzim"-Jugendbewegung der "Fatah", die sich bald selbst an Gewalt und Terror beteiligten. Barghouti war wiederholt Zielscheibe israelischer Mordversuche, schließlich wurde er bei einer Militäraktion der Israelis in Ramallah festgenommen und nach einem längeren Prozess zu fünfmal lebenslänglich und vierzig Jahren Haft verurteilt. Barghouti wäre mit Abstand der populärste Anwärter auf die Nachfolge Arafats, die Möglichkeit einer Freilassung durch Israel wird dort bisher aber nicht einmal theoretisch diskutiert.