Nach Hassan Nasrallah: Israel tötet weiteren Hisbollah-Chef
Veröffentlicht 29. September 2024Zuletzt aktualisiert 29. September 2024Die israelische Armee hat ihre Angriffe auf Ziele der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon fortgesetzt. In den vergangenen Stunden seien "dutzende terroristische Ziele getroffen" worden, darunter auf Israel gerichtete Abschussvorrichtungen, teilte das Militär mit. Man habe im Nachbarland auch Gebäude angegriffen, in denen "Waffen und militärische Strukturen" der Schiitenmiliz gelagert worden seien. Ziel sei es, die Miliz "außer Gefecht zu setzen". Die Hisbollah feuerte ihrerseits wieder Raketen auf Israel ab.
Das israelische Militär gab an diesem Sonntag auch bekannt, das führende Hisbollah-Mitglied Nabil Kauk bei einem Luftangriff im Libanon getötet zu haben. Er war Kommandeur der "Sicherheitsabteilung" der Hisbollah und gehörte dem sogenannten Zentralrat der Organisation an. Die Schiitenmiliz bestätigte nun den Tod. Seit Samstag hatten bereits Anhänger entsprechende Trauernachrichten veröffentlicht.
"Achse des Widerstands"
Die Hisbollah gehört zu der vom Iran angeführten sogenannten Achse des Widerstands, zu der sich auch die islamistische Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen, die Huthi-Miliz im Jemen sowie schiitische Gruppierungen in Syrien und im Irak zählen. Ihr erklärtes Ziel ist die Vernichtung Israels. Hisbollah und Hamas werden von vielen westlichen und auch einigen arabischen Staaten als Terrororganisationen eingestuft.
Am Freitag hatte die israelische Armee bei einem Luftangriff auf einen südlichen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah getötet. Er galt als mächtigster Mann im Libanon. Die libanesische Armee rief die Bürger des Landes jetzt dazu auf, "die nationale Einheit zu bewahren und sich nicht in Handlungen hineinziehen zu lassen, die in dieser gefährlichen und heiklen Phase den zivilen Frieden beeinträchtigen könnten". In einer Erklärung warf die Militärführung Israel zudem vor, Zwietracht im Libanon säen zu wollen.
Netanjahu: Wir kämpfen solange, bis alle Ziele erreicht sind
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu warnte unterdessen den Iran vor einem Angriff auf sein Land. "Wer uns angreift, den greifen wir an", sagte Netanjahu vor Medienvertretern in Tel Aviv. Es gebe keinen Ort, im Iran oder im Nahen Osten, den Israels langer Arm nicht erreichen könne.
Die gezielte Tötung von Nasrallah bezeichnete Netanjahu am Samstagabend in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache als die "Abrechnung mit einem Massenmörder". Er sei für die Ermordung zahlreicher Israels und Bürger anderer Staaten verantwortlich. Der Premier bezog sich dabei auch auf die Hisbollah-Bombenanschläge 1983 in Beirut, bei denen fast 300 Soldaten aus den USA und Frankreich getötet worden waren. Israel sei entschlossen, "weiter gegen unsere Feinde vorzugehen", damit alle Bewohner im Norden Israels in ihre Häuser zurückkehren könnten und die in den Gazastreifen verschleppten Geiseln freikämen, so Netanjahu.
Die Hamas hatte bei ihrem Terrorüberfall auf Israel am 7. Oktober auch 251 Menschen als Geiseln genommen. Mehr als 100 sind noch in ihrer Hand.
Der Großangriff löste den Israel-Hamas-Krieg aus. Aus Solidarität mit der Hamas feuert die Hisbollah seither fast täglich Raketen auf Israel ab. Rund 60.000 Menschen in grenznahen Orten mussten in andere Regionen Israels fliehen.
Westliche Länder rufen zu Deeskalation auf
Die US-Regierung stärkte Israel einerseits den Rücken, andererseits verwies sie auf Wege der Diplomatie. Präsident Joe Biden sagte auf eine Journalistenfrage, ob eine israelische Bodenoffensive gegen den Libanon unvermeidlich sei: "Es ist Zeit für eine Waffenruhe." Zuvor hatte er die Tötung Nasrallahs als "Maßnahme der Gerechtigkeit" für die Opfer seiner "vier Jahrzehnte währenden Terrorherrschaft" bezeichnet. Die USA unterstützten weiterhin Israels Recht auf Selbstverteidigung gegen die Hisbollah und andere Terrorgruppen, erklärte Biden in seiner Stellungnahme. Ziel der USA bleibe die Deeskalation der Konflikte im Gazastreifen und im Libanon auf diplomatischem Wege.
Der britische Außenminister David Lammy verlangte nach einem Telefonat mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Nadschib Mikati ein Ende der Gewalt. "Wir waren uns einig, dass eine sofortige Waffenruhe notwendig ist, um das Blutvergießen zu beenden."
Frankreich rief zu einem sofortigen Ende der israelischen Angriffe auf. Der neue Außenminister Jean-Noel Barrot betonte, die Regierung in Paris sei auch gegen eine israelische Bodenoperation im Libanon.
Aufruf zum Verlassen des Libanons
Deutschland, die USA und viele weitere westliche Länder forderten ihre Staatsbürger eindringlich dazu auf, den Libanon zu verlassen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bezeichnete die Lage im Nahen Osten als "brandgefährlich". Im Ersten Deutschen Fernsehen sagte die Grünen-Politikerin: "Es droht die Destabilisierung des ganzen Libanons." Das sei in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels.
se/pg/kle (rtr, afp, dpa, ap, kna)
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