Israel wittert überall Verschwörung
26. Dezember 2016In ihrer hellen Empörung über die Verurteilung des Siedlungsbaus durch die Vereinten Nationen will die israelische Führung mit allen ihren Gegnern in den UN abrechnen. Die Hauptanklage richtet sich aber weiterhin gegen die USA - und gegen Präsident Barack Obama. Der israelische Botschafter in Washington, Ron Dermer (Artikelfoto), kündigte im TV-Sender CNN an, Obamas Amtsnachfolger Donald Trump "Beweise" vorzulegen, dass das Weiße Haus eine aktive Rolle bei der Ausarbeitung der UN-Resolution gespielt habe. Die USA hätten dazu im Sicherheitsrat eine "Zusammenrottung" ("gang-up") gegen Israel inszeniert. Die USA stünden eindeutig hinter diesem Angriff, in einem "wahrlich beschämenden Kapitel", so der israelische Diplomat.
US-Botschafter vorgeladen
Nach wütender Kritik am scheidenden Präsidenten Obama hatte der rechtskonservative Regierungschef Benjamin Netanjahu US-Botschafter Dan Shapiro zu sich zitiert. Zudem wurden die Botschafter von zehn der 14 weiteren UN-Sicherheitsmitglieder einbestellt, die für die Resolution gestimmt hatten. Der Sicherheitsrat hatte die Resolution am Freitag verabschiedet. Darin wird der sofortige Stopp israelischer Siedlungsaktivitäten im Westjordanland und in Ost-Jerusalem gefordert. Diese hätten keine rechtliche Grundlage und gefährdeten die Umsetzung einer Zwei-Staaten-Lösung, heißt es in dem Text.
Es war das erste Mal seit 1979, dass der Sicherheitsrat die israelische Siedlungspolitik in einer Resolution verurteilte. Möglich wurde das durch die Entscheidung der USA, nicht von ihrem Vetorecht Gebrauch zu machen, sondern sich zu enthalten.
Die Entscheidung sei "parteiisch" und "schändlich", sagte Netanjahu. "Es wird dauern, aber diese Entscheidung wird annulliert werden." Er habe zudem Anweisung gegeben, alle UN-Verpflichtungen Israels, einschließlich der finanziellen, zu überprüfen.
Eskalation mit der Ukraine
Unterstützt worden war die UN-Resolution unter anderem von der Ukraine, die derzeit nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrates ist. Als Reaktion wurde von Israel ein eigentlich in dieser Woche geplanter Besuch des ukrainischen Regierungschefs Wladimir Groisman auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Regierung in Kiew kritisierte die "emotionsgesteuerte" Entscheidung. Sie bestellte im Gegenzug den israelischen Botschafter ein.
Die UN-Resolution ist nicht bindend, doch befürchten israelische Regierungsvertreter, dass sie die Möglichkeiten der Strafverfolgung des Internationalen Strafgerichtshofs erweitern könnte. Zudem könnte die Resolution Sanktionen auf Produkte aus jüdischen Siedlungen befördern.
Derweil meldete das Armeeradio, dass der ultrarechte israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman einen Stopp der zivilen Zusammenarbeit mit den Palästinensern angeordnet habe. Die Sicherheitszusammenarbeit bleibe aber bestehen.
SC/haz (afp, APE, rtr)