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KonflikteNahost

Nahost: Biden pocht auf Zwei-Staaten-Lösung

19. November 2023

US-Präsident Joe Biden hat sich erneut in den Nahost-Konflikt eingeschaltet. Er plädiert für einen eigenen Palästinenser-Staat. Berichte über eine Feuerpause dementiert Washington. Ein Überblick.

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US-Präsident Joe Biden
US-Präsident Joe BidenBild: Drew Angerer/Getty Images

Das Wichtigste in Kürze:

  • Biden plädiert für eigenen Palästinenser-Staat
  • Washington dementiert Einigung auf Feuerpause
  • Katar: Freilassung verschleppter Geiseln rückt näher
  • Netanjahu sagt humanitäre Hilfe zu
  • WHO prangert Not in Gaza-Krankenhaus an

 

US-Präsident Joe Biden setzt sich für eine politische Wiedervereinigung des Gazastreifens und des Westjordanlands unter Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde ein. Nach dem Krieg Israels und der im Gazastreifen herrschenden Hamas sollten beide Gebiete von dieser Behörde regiert werden, schreibt Biden in einem Beitrag für die "Washington Post". "Gaza und das Westjordanland sollten unter einer einzigen Regierungsstruktur wiedervereinigt werden, letztlich unter einer wiederbelebten Palästinensischen Autonomiebehörde."

Zwei Staaten als Ziel

Angestrebt werde eine Zwei-Staaten-Lösung, schreibt der US-Präsident weiter. Es dürfe weder eine Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen geben noch eine Wiederbesetzung, Belagerung oder Blockade dieses Gebiets. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte dagegen erklärt, sein Land müsse auf absehbare Zeit die militärische Verantwortung im Gazastreifen übernehmen.

Biden verlangt zudem eine Ende "extremistischer" Gewalt gegen Palästinenser im israelisch besetzten Westjordanland. Seit dem Überfall der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober und den israelischen Gegenangriffen auf den Gazastreifen sind jüdische Siedler im Westjordanland verstärkt gewaltsam gegen Palästinenser vorgegangen. Biden forderte, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und drohte ihnen mit Visasperren.

Noch keine Einigung auf Feuerpause

Die US-Regierung hat unterdessen einen Bericht der "Washington Post" über eine vorläufige Einigung auf eine Feuerpause zwischen Israel und der terroristischen Palästinenserorganisation Hamas dementiert. "Wir haben noch keine Einigung erzielt, aber wir arbeiten weiter hart daran, eine Einigung zu bekommen", erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats des Weißen Hauses, Adrienne Watson, auf X (vormals Twitter).

Die "Washington Post" hatte zuvor über eine unter Vermittlung der USA zustande gekommene Vereinbarung berichtet, welche eine fünftägige Feuerpause im Gegenzug für die Befreiung von Geiseln vorsehe. 

Katar: Freilassung der verschleppten Geiseln rückt näher

Bei den Verhandlungen über die Freilassung der von der islamistischen Hamas in den Gazastreifen verschleppten Geiseln stehen nach Angaben der katarischen Regierung nur noch "geringfügige" Hindernisse einem Abkommen im Weg. Die jetzt noch verbliebenen Fragen seien eher "logistischer und praktischer" Natur, sagte Katars Regierungschef Mohammed bin Abdulrahman al-Thani bei einer Pressekonferenz mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell in Doha. Einen Zeitplan nannte al-Thani nicht.

Der Golfstaat, in dem sich sowohl ein großer US-Militärstützpunkt als auch das politische Büro der Hamas befindet, hatte in den vergangenen Wochen in Verhandlungen über die Freilassung der 240 in den Gazastreifen verschleppten Geiseln und über eine vorübergehende Waffenruhe in dem Krieg vermittelt. Im Zuge dieser Vermittlung waren bisher vier Geiseln freigekommen.

 

US-Außenminister Antony Blinken und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geben sich die Hand
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (r.), hier bei einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken am 5. November in Ramallah im Westjordanland Bild: PPO/AFP

Abbas appelliert an die USA

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat zu einem sofortigen Ende des Kriegs im Gazastreifen aufgerufen. In einer Fernsehansprache forderte Abbas US-Präsident Biden dazu auf, "zu intervenieren". 

Er fragte: "Worauf warten die USA angesichts des fortwährenden Völkermords an unserem Volk in Gaza?" Abbas rief Biden außerdem dazu auf, sich für die Einfuhr von mehr humanitärer Hilfe in den blockierten Küstenstreifen einzusetzen.

Die Hamas hatte 2006 bei der Parlamentswahl im Gazastreifen gegen die gemäßigtere Fatah von Abbas gesiegt. Ein Jahr später übernahm die Hamas gewaltsam die alleinige Kontrolle über den Küstenstreifen. Israel hatte sich 2005 vollkommen aus dem Palästinensergebiet zurückgezogen. 

Tunnel unter Al-Schifa-Krankenhaus entdeckt

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben einen 55 Meter langen Tunnel unter dem Al-Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza entdeckt. Dieser befinde sich zehn Meter unter der Klinik, teilte die Armee mit. Israel vermutet, dass das Krankenhaus der radikalislamischen Terrororganisation Hamas als Kommandozentrale und Waffenlager gedient hat.

Der Zugang zu dem Tunnel befinde sich auf dem Krankenhausgelände in einem Gebäude, in dem Munition gefunden worden sei, heißt es in der Mitteilung weiter. Das Militär veröffentlichte zudem ein Video, das die unterirdische, betonierte Anlage zeigen soll. Der Tunnel sei nach 55 Metern mit einer explosionsfesten Tür gesichert. Die Hamas bestreitet, dass ihr militärisch genutztes Tunnelsystem auch unter zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser reicht.

Israel: Huthis beschlagnahmen Schiff im Roten Meer

Nach Angaben des israelischen Militärs haben Huthi-Rebellen aus dem Jemen ein Frachtschiff im Roten Meer gekapert. In einem Beitrag auf der Plattform X heißt es, dass das Schiff nicht in israelischem Besitz sei und sich keine Israelis unter der Besatzung befänden.

Es handele sich um einen "sehr ernsten Vorfall von globaler Tragweite", heißt es weiter. Laut den Angaben kam das Schiff aus der Türkei und war auf dem Weg nach Indien. An Bord waren Zivilisten verschiedener Nationalität, darunter keine Israelis. Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen hatten vor einigen Tagen damit gedroht, israelische Schiffe im Roten Meer anzugreifen. 

Netanjahu sagt humanitäre Hilfe zu

Israel hat nach den Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu der Einfuhr eingeschränkter Mengen von Treibstoff in den Gazastreifen zugestimmt, um internationale Unterstützung für den Kampf gegen die Hamas zu gewährleisten. "Die humanitäre Hilfe ist essentiell wichtig für die Fortsetzung der internationalen Unterstützung", sagte Netanjahu in Tel Aviv. Deswegen habe man auf Bitte der USA die Einfuhr von zwei Tanklastern am Tag in den Küstenstreifen erlaubt.

Netanjahu sprach von einer "minimalen Notfallmenge". Diese solle dazu dienen, das Abwassersystem zu betreiben und damit den Ausbruch von Seuchen zu verhindern. "Der Ausbruch von Seuchen würde den Einwohnern des Gazastreifens und auch den israelischen Soldaten schaden", erklärte er. Es sei zudem ein Übergreifen auf israelisches Gebiet zu befürchten. Netanjahu bekräftigte, der Krieg gegen die Hamas werde bis zum Sieg über die islamistische Terrororganisation weitergehen.

Ein Mann mit Toten, die in weißen Leichensäcken liegen
Bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen sind viele Zivilisten getötet worden - die genaue Zahl ist unklarBild: Ahmad Hasaballah/Getty Images

"Wir werden nur einer zeitweiligen Waffenruhe in Gaza zustimmen und nur im Gegenzug für die Rückführung unserer Geiseln", sagte Netanjahu zu Verhandlungen über eine Freilassung der Entführten. Verteidigungsminister Joav Galant sagte, die Armee befinde sich in der "zweiten Phase" des Kriegs und greife vermehrt Ziele im nordöstlichen Teil des Küstengebiets an. Wie Netanjahu sagte er, es seien bereits "Tausende von Terroristen und viele Kommandeure" getötet worden. Er kündigte an, in Kürze werde es auch verstärkt Angriffe im südlichen Teil des Gazastreifens geben.

WHO beklagt "erbärmliche Situation"

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitet mit Hochdruck an einem Plan zur Rettung der verbliebenen Patientinnen und Patienten aus dem Al-Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen. Das schrieb WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in der Nacht zum Sonntag auf dem Kurznachrichtenportal X. Mitarbeiter hätten das Krankenhaus am Samstag aufgesucht und eine desolate Lage vorgefunden. Es gebe dort kein Wasser, keinen Strom und keine Nahrungsmittel mehr und kaum noch medizinischen Bedarf.

"Angesichts dieser erbärmlichen Situation und des Zustands vieler Patienten, darunter Babys, bat das Personal um Unterstützung bei der Evakuierung von todkranken Patienten, die dort nicht mehr versorgt werden können", schrieb er. Die WHO arbeite mit Partnern daran und verlange Unterstützung für diesen Plan. Tedros nannte weder Israel, dessen Militär das Krankenhaus seit Tagen durchsucht, noch die Hamas beim Namen. "Die derzeitige Situation ist unerträglich und nicht zu rechtfertigen", schrieb er. "Feuerpause. JETZT", fügte er hinzu. 

Israel: Hamas-Tunnel in Al-Schifa-Krankenhaus freigelegt

haz/as/se/bru/sti/uh/rb (dpa, rtr, afp, ap)