Nationalelf feiert Schützenfest gegen Norwegen
4. September 2017Achter Sieg im achten Spiel: Die deutsche Mannschaft marschiert mit blütenweißer Weste in Richtung Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Zwar fehlt durch den Sieg der Nordiren im Parallel-Spiel gegen Tschechien noch der finale Vollzug. Aber dieser deutschen Elf ist die WM-Teilnahme wohl nicht mehr zu nehmen. Mit 35:2 Toren führen die Weltmeister von 2014 souverän die Tabelle in der WM-Qualifikationsgruppe an - auch weil am Montagabend ein weiteres halbes Dutzend hinzukam.
Mit einem fröhlich-bunten Fußballfest und sechs Toren hat die deutsche Nationalmannschaft drei Tage nach dem Nazi-Eklat von Prag ihr WM-Ticket so gut wie gelöst. Angeführt von Doppeltorschütze Timo Werner spielte der Weltmeister beim 6:0 (4:0) gegen Norwegen berauschend und benötigt nur noch einen Punkt gegen den Verfolger Nordirland am 5. Oktober für die erfolgreiche Qualifikation zur Endrunde 2018 in Russland.
Versöhnung mit den Fans
Werner (21./40.), am Freitag noch von deutschen Anhängern verunglimpft, erzielte im achten Länderspiel seine Tore Nummer fünf und sechs. Bei seiner vorab als brisant eingeschätzten Rückkehr nach Stuttgart wurde der 21-Jährige immer wieder mit aufmunternden Sprechchören bedacht. Zudem trafen Mesut Özil (10.), Julian Draxler (17.), Leon Goretzka (50.) und Mario Gomez (79.) für die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw, die im 17. Spiel in Serie ohne Niederlage blieb. "Es hat viel Spaß gemacht, hier war von Anfang an eine gute Stimmung", freute sich Löw. "Ich glaube nach dem Tschechien-Spiel war das wichtig. Wir haben wahnsinnig gute Laufwege gemacht. Auch nach der hohen Führung wollten wir weiterspielen und das haben wir auch gemacht."
Die Versöhnung der Fans mit Werner passte ins Bild an einem Tag, an dem sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und seine Anhänger nochmals entschieden von den widerlichen Vorfällen in Prag distanzierten. So rollte der Fan Club Nationalmannschaft ein 70 Meter langes Plakat aus, auf dem zum Eintreten "gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit" aufgerufen wurde.
Umgestelltes System
Mit ihrem Auftritt trugen zudem die Protagonisten auf dem Feld zur gelösten Partystimmung unter den 53.814 Zuschauern bei. Werner stach dabei vielleicht heraus, die gesamte Mannschaft aber trat konzentrierter, dominanter und zielstrebiger auf als noch beim glücklichen 2:1-Erfolg gegen Tschechien. Ein Grund für die Dominanz lag sicher auch in Löws Rückkehr zum bewährten 4-2-3-1-System. Mit den ehemaligen Stuttgartern Antonio Rüdiger in der Innenverteidigung und Sebastian Rudy im defensiven Mittelfeld sowie Offensivspieler Julian Draxler als dritte Startelf-Änderung ließ der Gastgeber den Norwegern selten Raum zur Entlastung. Ballverluste im Mittelfeld waren - anders als am Freitag - eine Seltenheit, mit wenigen Pässen wurde hingegen der direkte Weg nach vorne gesucht.
Die 90 Minuten boten damit einen würdigen Ausgang eines turbulenten Tages, an dem der Skandal von Prag zuvor das beherrschende Thema gewesen war. Vor dem Anpfiff war das Verhalten von etwa 200 Personen, die beide Nationalhymnen und die Schweigeminute gestört sowie rechtsextreme Parolen gerufen hatten, auf diversen Ebenen diskutiert und scharf kritisiert worden. DFB-Präsident Reinhard Grindel erwartete "eine ganze Reihe von Strafverfahren", DFL-Präsident Reinhard Rauball nahm die Politik in die Pflicht.
jw/ml (mit sid/dpa)