NATO und Afghanistan
8. Februar 2007Wichtige Bündnispartner wie Deutschland, Frankreich, Italien und das Gastgeberland Spanien machten beim zum Auftakt des zweitägigen Treffens in Sevilla klar, dass sie keine Erhöhung ihrer Truppenkontingente planen. Die USA und Großbritannien unterstützten dagegen das Verlangen der NATO-Militärführung nach einer Verstärkung der derzeit rund 35.000 Mann starken Afghanistan-Schutztruppe ISAF.US-Verteidigungsminister Robert Gates kündigte am Rande des Treffenes eine massive Frühjahrsoffensive der NATO gegen die radikalislamischen Taliban in Afghanistan an. "2007 ist ein entscheidendes Jahr für Afghanistan", sagte er.
Bundesverteidigungsminister Franz Josef lehnte einen Einsatz der gut 20.000 Mann starken schnellen Einsatztruppe der NATO in Afghanistan ab. Er räumte in der südspanischen Metropole jedoch ein, dass das Thema im Bündnis umstritten ist. Die "NATO Response Force" (NRF) war 2003 gegründet worden und wird alle sechs Monate neu aus unterschiedlichen Einheiten zusammengesetzt.
Streitpunkt NRF-Einsatz
"Wir haben die Entscheidung getroffen, dass die NRF für Krisen und Konfliktbeseitigung in Betracht kommt. Und dabei sollten wir, denke ich, auch bleiben", sagte Jung. Er widersprach damit seinem dänischen Kollegen Søren Gade, der Einheiten der NRF zur Verstärkung der Afghanistan-Schutztruppe ISAF einsetzen möchte.
In Deutschland entfachte derweil der Regierungsbeschluss zum Einsatz von sechs Tornado-Aufklärungsflugzeugen zur Luftaufklärung in Afghanistan eine Diskussion über die Risiken für die Piloten und den Charakter der Mission. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe, sprach von teilweise unkalkulierbaren Gefahren. "Auch diese Mission ist - ebenso wie andere - keine Kaffeefahrt", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
"Nur das Militär ermöglicht eine zivile Lösung"
NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer bekräftigte die Entschlossenheit der Allianz, den Kampf gegen die radikalislamischen Taliban zu verstärken. "Es werden mehr NATO/ISAF-Streitkräfte in Afghanistan stationiert werden, damit die Möglichkeiten zu einem Wiederaufbau und zur Entwicklung des Landes verbessert werden", sagte er zur Eröffnung des Treffens. Die NATO werde nicht zulassen, dass die Taliban Afghanistan "zurück ins Mittelalter führen".
Im Afghanistan-Konflikt wurden 2006 über 4000 Menschen getötet, darunter 170 ausländische Soldaten - mehr als in den anderen Jahren seit dem Sturz des Taliban-Regimes 2001 durch eine US-geführte Militärintervention. Der NATO-Generalsekretär räumte ein, dass das Militär allein den Afghanistan-Konflikt nicht lösen könne. "Die Lösung kann letzten Endes nur eine zivile sein. Aber wir brauchen das Militär, um dies zu ermöglichen." (wga)