Airbnb-Steuer soll Tourismus-Sektor helfen
6. Februar 2017Maria steckt in der Zwickmühle. Durch die Vermietung einer kleinen Wohnung über die Internet-Plattform Airbnb im Athener Stadtviertel Ambelokipoi hat sich die junge Griechin in den vergangenen Jahren ein kleines und in Krisenzeiten dringend nötiges Zusatzeinkommen verschafft. Doch nun will der Fiskus ordentlich mitverdienen: Airbnb-Gastgeber in Griechenland müssen sich ab sofort in ein staatliches "Verzeichnis für Kurzvermieter" eintragen lassen und ihre Einnahmen als Mieteinkommen versteuern. Bei einem Jahresverdienst bis zu 12.000 Euro werden 15 Prozent an den Staat abgeführt, sofern die Wohnung für höchstens 90 Tage vermietet wird. Darüber hinaus ist unter Umständen eine Steuer von 35 Prozent fällig. Wer gegen das neue Gesetz verstößt, dem droht eine Geldbuße von mindestens 5.000 Euro.
Maria, die eigentlich anders heißt und ihren wahren Namen nicht preisgeben will, bleibt unentschlossen: Entweder sie ignoriert die neuen Vorschriften für Airbnb-Vermieter und behält ihren günstigen Tagessatz von vierzig Euro, in der Hoffnung, dass sie nicht erwischt wird. Oder sie erhöht ihre Preise und gibt damit die neue Steuer an die Untermieter weiter. Auf ihr Zusatzeinkommen möchte sie jedenfalls nicht mehr verzichten. Ihre Eigentumswohnung, sagt die Airbnb-Gastgeberin, sei Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite ist es gut, wenn man ein Eigenheim und damit auch eine Alterssicherung hat. Andererseits bringt der Wohnungskauf auch eine extreme finanzielle Belastung mit sich. Der Grund: Maria hat die Wohnung vor Ausbruch der Schuldenkrise für rund 100.000 Euro erworben, ohne voraussehen zu können, dass sie in den darauffolgenden Jahren einen Einkommensverlust von über 30 Prozent erleiden würde. Heute steht ihr viel weniger Geld zur Verfügung, aber der Kredit läuft zu den alten Konditionen weiter. Die Lösung des Problems: "Wenn ich meine Wohnung für ein paar Tage vermiete, wofür ich eigentlich vorübergehend zu meinen Eltern ziehen muss, dann habe ich ein kleines Zubrot und darf mit diesem Geld meinen Kredit weiter bedienen", sagt die Airbnb-Gastgeberin im Gespräch mit der DW.
Mehr Besucher - weniger Einnahmen
30.000 Appartements und Wohnungen werden derzeit im Urlaubsparadies Griechenland über Airbnb zur Untermiete angeboten. Der krisengeplagte Staat hofft auf Mehreinnahmen in Höhe von 250 Millionen Euro durch das neue Gesetz. Nicht zuletzt die griechischen Hoteliers plädieren für die Besteuerung der aus ihrer Sicht unerwünschten Konkurrenz. Bereits Anfang 2016 klagte Andreas Andreadis, Chef des Verbands der Tourismusindustrie (SETE), über den "unlauteren Wettbewerb" der Airbnb-Gastgeber. Die jüngsten Daten der Athener Zentralbank zum Tourismus-Geschäft bereiten ihm vermutlich noch mehr Sorgen: Demnach kamen von Januar bis November 2016 zwar mehr als 24 Millionen Besucher ins Land (ein deutliches Plus von 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr), doch die registrierten Einnahmen aus dem Tourismus sind von 14 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf etwa 13 Milliarden gesunken. Ob die Airbnb-Anbieter dafür verantwortlich sind? "Wir glauben, dass es einen Zusammenhang gibt, aber leider liegen uns dazu noch keine genauen Daten vor", erklärt SETE-Sprecher Xenofon Petropoulos auf Anfrage der DW. Er betrachtet das neue Airbnb-Gesetz als einen Schritt in die richtige Richtung, weist aber auch auf "Umsetzungsfallen" hin. Als Beispiel nennt Petropoulos die vorgesehene Obergrenze von 12.000 Euro jährlich für den Niedrigsteuersatz von 15 Prozent: "Ich bin mir sicher, da werden viele Anbieter weniger verdienen, damit sie eben diese Grenze nicht überschreiten und weniger Steuern zahlen."
Wohnungsverkauf als Verlustgeschäft
Er räumt aber ein, dass die politische Unsicherheit im Land noch schwerwiegendere Folgen für das griechische Tourismus-Geschäft hatte als jede Konkurrenz durch Airbnb. Die erste Überprüfung der griechischen Reformbemühungen durch die Kreditgeber im laufenden Rettungsprogramm sei nämlich erst im Herbst 2016 abgeschlossen worden - viel später als geplant. "Die lange Verzögerung sorgte für Spekulationen um Griechenland. Dadurch waren wir leider gezwungen, ausländischen Reiseveranstaltern besonders niedrige Preise anzubieten, um weiterhin Besucher ins Land zu locken", klagt Petropoulos. Die Geschichte scheint sich in diesen Tagen zu wiederholen: Noch immer verhandelt die Athener Regierung mit den Geldgebern über die zweite Überprüfung der griechischen Wirtschaft, die alle Beteiligten eigentlich im November 2016 unter Dach und Fach bringen wollten. Die Gespräche verzögern sich, nicht zuletzt wegen der Unsicherheit um die Haltung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Griechenland-Rettung. Als nächster Stichtag gilt das Treffen der Euro-Finanzminister am 20. Februar.
Maria hat schon einmal daran gedacht, ihre Wohnung zu verkaufen. Dann wäre sie alle Sorgen um ihren Kredit und die neuen Steuerbelastungen auf einen Schlag los. Außerdem könnte sie dann selbst zur Miete wohnen und von den günstigen Mietpreisen bei gebrauchten Wohnungen profitieren. Doch bei genauem Hinsehen bedeutet der Verkauf ein erhebliches Verlustgeschäft. "Bei den heutigen Bedingungen auf dem griechischen Immobilienmarkt würde ich für meine Wohnung vermutlich nicht mehr als 60-70.000 Euro bekommen, dabei hatte ich doch selbst vor ein paar Jahren fast 100.000 gezahlt. Eine vernünftige Investition sieht wohl anders aus", sagt die Airbnb-Gastgeberin.