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Pilger-Tourismus in Nordgriechenland

Panagiotis Kouparanis
6. Oktober 2016

Touristen haben Griechenland 2016 mehr als 200.000 neue Arbeitsplätze beschert. Auch nach Philippi kommen mehr Besucher, dank der UNESCO-Liste zum Weltkulturerbe und - dank einer Heiligen.

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Griechenland - Reportagefotos zu Antikenstätte Philippi - Taufstelle der Heiligen Lydia
Die Taufstelle der Heiligen Lydia auf dem Gelände der Antikenstätte PhilippiBild: DW/P. Kouparanis

"Jedes Jahr kommen Hunderte von japanischen und koreanischen Christen hierher und lassen sich taufen" - Stavroula Dadaki zeigt auf eine Stelle des kleinen Flüsschens. All das hänge wohl mit der Heiligen Lydia zusammen, sagt die Leiterin des staatlichen Archäologischen Dienstes in der Region Kavala. Lydia soll der erste Mensch in Europa gewesen sein, der vom Apostel Paulus hier getauft wurde.

Das nordgriechische Philippi gilt als erste Station des Apostels in Europa. Hier gründete er in den Jahren 49 bis 50 die erste christliche Gemeinde des Kontinents. Damals war Philippi eine römische Stadt, die an der legendären Via Egnatia lag, der Hauptverkehrsachse zwischen Rom und dem Nahen Osten.

Karte Griechenland Philippi Deutsch

Die Antike im Mittelpunkt

Noch heute zeugen die Ruinen auf einem großen Areal von der einstigen Bedeutung der Stadt. Über die römische und vorhergehende makedonische Ära ist auf der einzigen, ziemlich verwitterten Informationstafel am Haupteingang viel zu lesen. In einem Nebensatz wird auch erwähnt, dass Apostel Paulus hier war.

Griechenland - Reportagefotos zu Antikenstätte Philippi - Stavroula Dadaki
"Sprunghafter Anstieg der Besucherzahlen" - Stavroula Dadaki leitet den Archäologischen Dienst in der RegionBild: DW/P. Kouparanis

"Die griechischen Archäologen wollen die Antike nicht mit dem Christentum vermengen," erklärt der Reiseführer. Darauf angesprochen, widerspricht Stavroula Dadaki. Sie verweist darauf, dass auf dem Gelände, auf dem sich die Taufstätte der Heiligen Lydia befindet, "sehr wohl darüber informiert wird". Nur befindet sich diese Stelle am Rand des antiken Areals.

Warum kommen die meisten Besucher denn nach Philippi? Wegen der antiken Stätte? Wegen des Apostel Paulus und der Heiligen Lydia? Das wurde bislang nicht untersucht, antwortet Dadaki. Man wisse aber, dass 2015 rund 50.000 Besucher kamen. In diesem Jahr sind es bis Ende August schon 65.000 gewesen: "Es gab einen sprunghaften Anstieg der Besucherzahlen, nachdem im Juli Philippi in die Welterbe-Liste der UNESCO aufgenommen wurde."

Christen weltweit über Philippi informieren

Philippi bietet sich vor allem für den religiösen Tourismus an, davon ist Heidi Ritter überzeugt. Sie ist Vertriebsleiterin des Bayerischen Pilgerbüros, das seit über 90 Jahren religiöse Reisen organisiert. Für das nächste Jahr hat Ritter zwei Reisen nach Nordgriechenland - "und besonders Philippi" - in das Programm aufgenommen. Man sei erst durch die Deutsch-Griechische Versammlung, ein Netzwerk deutscher und griechischer Kommunen, darauf aufmerksam gemacht worden.

"Man bekommt eine Gänsehaut, wenn man bedenkt, dass hier Paulus zum ersten Mal in Europa gepredigt hat und er die erste Christin getauft hat", sagt Ritter. "Das ist etwas sehr Spirituelles. Für unsere Pilger ist das sehr, sehr wichtig." Sie findet, dass man das mehr ins Gedächtnis der Christinnen und Christen weltweit bringen müsse. Die Aufnahme Philippis in das Weltkulturerbe biete eine gute Chance dafür. Auch müsse man an der Ruinenstätte selbst noch stärker auf die christlichen Zusammenhänge hinweisen.

Griechenland Archäologische Stätte von Philippi
Das antike Theater in PhilippiBild: Imago

Sie würde sich auch Themenführungen wünschen: "Es gibt Besucher, die sich für den archäologischen Teil interessieren, aber es gibt sicher sehr viele, die wegen des Apostels Paulus und der Heiligen Lydia kommen wollen." Auf die bisherigen Besucherzahlen angesprochen, findet Heidi Ritter, dass das Potential bei weitem nicht ausgeschöpft sei.

"Die Mönchsrepublik Athos kennt jeder, das Ziel muss es sein, langfristig den Wallfahrtsort Philippi genauso bekannt zu machen." Schon in zwei Jahren ließe sich die Besucherzahl "mindestens verdoppeln". Dafür brauche es aber viel Werbung.

Internationale Investoren willkommen

Deswegen werde man in Zukunft an mehr internationalen Tourismusmessen teilnehmen als bisher, betont Anastasia Iosifidou. Die Rechtsanwältin ist seit zwei Jahren im Stadtrat von Kavala für den Tourismus verantwortlich und somit auch für das nahegelegene Philippi. Bislang habe man mit Strand und Meer die Urlauber angelockt. Jetzt soll das Angebot erweitert werden und damit auch die Tourismussaison. Für die Sommermonate werde man sich weiter um Badegäste bemühen.

Die weniger heißen Monate im Frühling und Herbst seien ideal für Philippi. Man sei schon im Gespräch mit dem Archäologischen Dienst, der für die Ruinenstätte verantwortlich ist. Es geht um längere Öffnungszeiten und auch darum, wie man Information und Präsentation in Philippi stärker auf die christliche Periode fokussieren kann.

Griechenland - Reportagefotos zu Antikenstätte Philippi - Anastasia Iosifidou, Stadträtin von Kavala
Stadträtin Anastasia IosifidouBild: DW/P. Kouparanis

Ist die Region überhaupt auf mehr Touristen vorbereitet? "Die Hotelkapazitäten reichen nicht aus. Angebot und Nachfrage klaffen auseinander", gesteht Iosifidou. In den vergangenen Jahren waren die Hotels der Region im Sommer zu 100 Prozent ausgelastet. Die Zahl der Touristen sei aber um fast 50 Prozent gestiegen. Es müssten dringend neue Quartiere gebaut werden, internationale Investoren seien willkommen.

Die Stadträtin weist auch darauf hin, dass der neue Hafen von Kavala bis Anfang nächsten Jahres fertig gestellt sein wird und der Flughafen bereits von ausländischen Gesellschaften angeflogen wird - allerdings fast nur in den Sommermonaten. Das könnte sich jetzt ändern: Der neue Pächter des Airports der Stadt ist der deutsche Flughafenbetreiber Fraport. Anastasia Iosifidou verspricht sich, dass durch dessen internationale Vernetzung der Tourismus noch weiter angekurbelt werde.

Das wäre wohl ganz im Sinne der Heiligen Lydia. Der Überlieferung nach soll sie eine ausgesprochen geschäftstüchtige Purpurhändlerin gewesen sein.