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Politik

Neuer Anlauf im Namensstreit um Mazedonien

Jannis Papadimitriou
21. März 2018

Der griechische Außenminister Kotzias reist ins Nachbarland Mazedonien. Im Gepäck könnte er eine Kompromisslösung für den langjährigen Streit zwischen Athen und Skopje haben.

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Flaggen von Griechenland und Mazedonien
Bild: Colourbox

"Gorna Makedonija" soll die Zauberformel heißen, die den Namensstreit zwischen Athen und Skopje nach 27 Jahren beilegen könnte. Das soll die griechische Seite bereits bei der jüngsten Verhandlungsrunde unter UN-Vermittlung im Januar signalisiert haben. Die griechische Presse berichtet, Außenminister Nikos Kotzias werde voraussichtlich bei seinem Besuch in Skopje an diesem Donnerstag für diese Kompromisslösung werben.
Die neue Formel hieße "Oberes Mazedonien" - doch die griechische Seite möchte nicht, dass der slawisch geprägte Begriff "Gorna Makedonija" übersetzt wird. Warum eigentlich nicht? "Auch das ist ein Zeichen irrationalen Denkens, das geradezu typisch war für unsere Wahrnehmung des Namensstreits in den vergangenen Jahren", beklagt Spiros Danellis, Abgeordneter der sozial-liberalen Partei To Potami, im Gespräch mit der DW. Der als gemäßigt geltende Politiker sagt, er verstehe diese Art des Denkens nicht. Andererseits: "Wenn die Kompromissformel 'Gorna Makedonija' tatsächlich von beiden Seiten akzeptiert wird und dazu beiträgt, unseren ewigen Namensstreit beizulegen, dann soll sie natürlich auch zum Tragen kommen." 

Ob auch Mazedonien dem Begriff "Gorna Makedonija" ohne Weiteres zustimmt, ist fraglich. Und selbst bei einer Zustimmung wäre der Namensstreit nicht automatisch gelöst, mahnt Jorgos Tzogopoulos, Dozent für Internationale Beziehungen an der Universität Thrakien. Wichtiger noch als ein Verhandlungserfolg unter UN-Vermittlung sei die Frage, ob das Nachbarland seinen künftigen Staatsnamen auch in der eigenen Verfassung verankert, sagt Tzogopoulos. Zudem müsse die Verfassung dahingehend geändert werden, dass etwaige Gebietsansprüche gegen Griechenland ausgeschlossen würden. "Ich glaube allerdings nicht, dass Skopje tatsächlich bereit wäre, die eigene Verfassung zu ändern. Insofern kann ich den zur Schau gestellten Optimismus der Regierungspolitiker in Athen gar nicht teilen", sagt der Politikwisenschaftler.

Drohungen gegen den Außenminister

Aus griechischer Sicht gibt es historische Gründe für die Befürchtung, Mazedonien könnte eines Tages auf die gleichnamige nordgriechische Provinz und deren Hauptstadt Thessaloniki Ansprüche erheben. Aus diesem Grund hat Athen das Nachbarland nicht mit seinem verfassungsrechtlich verankerten Namen "Republik Mazedonien" anerkannt, sondern nur unter der provisorischen Bezeichnung FYROM (Former Yugoslav Republic of Macedonia). Seit 1991 wird über eine Lösung im Namensstreit verhandelt. Lange Zeit sträubte sich Athen gegen jegliche Verwendung des Begriffs "Mazedonien" im Staatsnamen des Nachbarlandes. Mittlerweile signalisiert man auf politischer Ebene Kompromissbereitschaft - doch die entspricht nicht immer der öffentlichen Meinung: In den vergangenen Monaten protestierten Hunderttausende in Athen und Thessaloniki gegen Zugeständnisse im Namensstreit. In einer aktuellen Umfrage des TV-Senders Alpha erklärten 60 Prozent der Befragten, sie seien gegen die Verwendung des Begriffs "Mazedonien" im Staatsnamen des Nachbarlandes. Dennoch wünschen sich 67 Prozent, dass die Verhandlung weitergeht. "Dass eine Kompromisslösung ohne den Begriff 'Mazedonien' zustande kommt, ist nicht realistisch, aber das wissen die meisten Menschen in Griechenland gar nicht", gibt Politikwissenschaftler Tzogopoulos zu bedenken.

Griechenland Proteste in Thessaloniki Namensstreit Mazedonien
Proteste in Thessaloniki (Ende Januar) gegen die Verwendung des Staatsnamens "Mazedonien" durch das NachbarlandBild: Getty Images/AFP/S. Mitrolidis

Oft bleibt es nicht nur bei Protesten: Anfang Februar erhielt Griechenlands Außenminister einen Drohbrief, versehen mit dem eindeutigen Hinweis, es gebe "drei Kugeln für ihn und seine Familie".
Auch der Abgeordnete Danellis bekommt Drohungen, nachdem er öffentlich für eine Kompromisslösung im Namensstreit plädierte. Immer wieder wird er als "Verräter" beschimpft und mit Gerichtsverfahren bedroht. Neulich bekam er auch noch Schmähpost aus Kreta, seiner Heimatinsel. Der Absender ist eine bislang noch nie in Erscheinung getretene "Panhellenische Befreiungsfront Kretas". Es seien zum Teil groteske Sachen dabei, witzelt Danellis und findet trotzdem das Ganze eher gefährlich als lächerlich. "Mit Heimat-Chauvinismus kann man anscheinend Karriere machen und vielleicht sogar Geld verdienen", sagt er. Wichtig sei jedoch, dass moderate Politiker das Zeitfenster nutzen und sich für eine vernünftige Lösung einsetzen. Sein Fazit: "Sollte auch (der mazedonische Ministerpräsident) Zoran Zaev bei seinen Leuten einen Kompromiss durchsetzen können, was allerdings auch nicht einfach ist, dann würden wir den Namensstreit noch vor dem Sommer beilegen." 

Kotzias soll es richten

Laut Regierungssprecher Dimitris Tzanakopoulos hat Außenminister Kotzias ein komplettes Kompromisspaket "im Einklang mit den festen Verhandlungspositionen der griechischen Regierung" ausgearbeitet und will in Skopje genau diesen Vorschlag besprechen. Griechische Medien berichten, die Gegenseite hätte ihrerseits Vorschläge zur Konfliktlösung formuliert. Spätestens am 30. März will UN-Vermittler Matthew Nimetz in Wien eine weitere Verhandlungsrunde ansetzen. Jedenfalls zeigte sich Griechenlands Chef-Diplomat Anfang Februar ungewöhnlich optimistisch und berief sich dabei auf den größten Mazedonier aller Zeiten: "Alexander der Große hat uns vorgeführt, wie man einen gordischen Knoten durchtrennt."