Neuer Finanzminister im Schuldenstaat
17. Juni 2011Finanzminister der Schuldennation Griechenland: Das dürfte wohl nicht sein Lieblingsjob gewesen sein, und doch nahm er an. Evangelos Venizelos gab sich kämpferisch. "Eine Frage nationaler Verantwortung" sei es für ihn gewesen. Er gehe weg vom Verteidigungsministerium und "ziehe in den wirklichen Krieg", verkündete er am Freitag (17.06.2011) bei seinem ersten Pressetermin in Athen.
Mit einem neuen Chef im Finanzressort und weiteren Veränderungen in seinem Kabinett will der sozialistische Ministerpräsident Giorgos Papandreou die Zustimmung des Parlaments zu dem heftig kritisierten Sparprogramm erreichen, das weitere Finanzhilfen sichern und so den Staatsbankrott noch verhindern soll. Zudem kündigte er an, bei den angestrebten Reformen stärker darauf zu achten, dass auch Wachstum und Investitionen stimuliert werden.
Venizelos ist Nachfolger von Giorgos Papakonstantinou, der bisher für die Verhandlungen mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über die Finanzhilfen zuständig war. Er war in Brüssel durchaus als Gesprächspartner respektiert, geriet aber zu Hause wegen des rigiden Kürzungsprogramms immer stärker unter Druck, bei den Demonstranten auf der Straße, in den Medien und zuletzt auch in der eigenen PASOK-Partei.
Nur Opfer der Kabinettsrochade?
Perfidie des politischen Alltags: Der 50-jährige Papakonstantinou wechselt in das Energie- und Umweltressort. Und gerade hier dürfte er kaum populärer werden, denn im Energiesektor stehen viele Privatisierungen an, die Geld in die leere Staatskasse bringen sollen, aber auch massiven Widerstand der Gewerkschaften provozieren.
Der neue Finanzminister Venizelos gilt als politisches Schwergewicht in der Sozialistischen Partei und als größter innerparteilicher Rivale von Papandreou, dem er vor vier Jahren im Kampf um die Parteispitze unterlag. Er war schon in zahlreichen Ministerien aktiv und als Kulturminister mit der Vorbereitung der Olympischen Spiele 2004 in Athen betraut.
Zu den weiteren Umwälzungen im Kabinett gehört die Schaffung eines Ministeriums für die Verwaltungsreform. Seine Aufgabe wird es sein, den aufgeblähten Athener Staatsapparat zu reduzieren. Bis 2015 sollen hier 150.000 Stellen gestrichen werden.
Entscheidung mit Vertrauensfrage in der kommenden Woche?
Mit seinem neuen Kabinett will Papandreou in der kommenden Woche die Vertrauensfrage im Parlament stellen. Dann sollen auch die Sparmaßnahmen durchgeboxt werden, die Voraussetzung für weitere Finanzhilfen von EU und IWF sind. Venizelos kommt schon am Sonntag und Montag in Luxemburg mit den Finanzministern der Eurogruppe zusammen, um über das kurz- und mittelfristige Schicksal seines Landes mitzuberaten.
Autor: Siegfried Scheithauer (dapd,rtr)
Redaktion: Eleonore Uhlich