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Neuwahlen in Athen immer wahrscheinlicher

4. August 2015

In Griechenland eskaliert der Streit innerhalb der Regierungspartei Syriza immer mehr. Streitobjekt sind die Sparmaßnahmen im Gegenzug für neuen Hilfsgeldern. Über die verhandelt die Regierung gerade mit den Gläubigern.

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Syriza Zentralkomitee: Tsipras schließt Neuwahlen nicht mehr aus (Foto: Picture-alliance/Nur-Photo)
Bild: picture-alliance/NurPhoto

In Athen werden vorgezogene Wahlen immer wahrscheinlicher: Der Anführer des linken Flügels der Regierungspartei Syriza, Panagiotis Lafazanis, rief alle Abgeordneten seiner Partei zur Ablehnung eines neuen Reform- und Sparprogramms auf, falls ein solches in den kommenden Tagen von Ministerpräsident Alexis Tsipras vorgelegt werden sollte. Regierungssprecherin Olga Gerovasili bezeichnete daraufhin im griechischen Fernsehen Neuwahlen als "wahrscheinlich". Ein Datum hierfür nannte sie nicht.

Panagiotis Lafazanis (Foto: rtr)
Er hat genug vom Sparen: Panagiotis LafazanisBild: Reuters/A. Konstantinidis

"Surrealismus" innerhalb der Syriza

Wegen des Richtungsstreits in seiner Partei hatte Tsipras bei einem Treffen des Zentralkomitees der Syriza (Artikelbild) bereits vergangene Woche Neuwahlen nicht ausgeschlossen. Zuvor hatte der linke Flügel der Partei zwei Mal gegen Reform- und Sparmaßnahmen gestimmt, die Bedingung für neue Finanzhilfen der internationalen Geldgeber waren. Fast jeder Vierte Syriza-Abgeordnete verweigerte seine Zustimmung, nur mit Hilfe der Opposition kam jeweils eine Mehrheit zustande.

Das könne so nicht weitergehen, sagte Tsipras vergangene Woche in einem Interview. Es sei "surreal", wenn Abgeordnete nicht für die Regierungspolitik stimmten, aber trotzdem erklärten, diese Politik zu unterstützen, fügte Tsipras hinzu. Sollte dies nicht aufhören, sehe er keine andere Möglichkeit als Neuwahlen. In Athen wird davon ausgegangen, dass Tsipras notfalls auch ein drittes Milliardenhilfsprogramm samt dazugehöriger Auflagen mit den Stimmen der Opposition durchboxen wird.

Gläubiger ringen um Privatisierungen

Über das mögliche Hilfsprogramm berät die griechische Regierung derzeit mit den Geldgebern. Finanzminister Euklid Tsakalotos und Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis haben am Nachmittag Experten der Gläubiger-Institutionen in einem Athener Hotel getroffen. Im Mittelpunkt standen die umstrittenen Privatisierungsvorhaben: Durch den Verkauf staatlicher Unternehmen und Immobilien soll Athen Einnahmen in Höhe von rund 50 Milliarden Euro erzielen. Einige Experten halten das allerdings für völlig unrealistisch.

Das Staatsvermögen soll Griechenland in einen Fonds übertragen, den das Land unter Aufsicht europäischer Institutionen verwalten soll. Mit einem Teil der Verkaufserlöse sind Schuldenrückzahlungen geplant. Ein anderer Teil soll für staatliche Konjunkturspritzen genutzt werden.

Einen Privatisierungsfonds (Taiped) gibt es in Griechenland seit 2011. Schon damals hatten die Kreditgeber auf Erlöse von 50 Milliarden Euro gehofft. Bislang belaufen sich die Einnahmen aus den Privatisierungen jedoch nur auf etwa drei Milliarden Euro.

Banken brauchen Geld

Wichtiges Thema bei den Gesprächen mit den Gläubigern ist zudem das zusätzliche Geld, das die griechischen Banken für ihre Rekapitalisierung brauchen werden. Schätzungen zufolge dürften sie mindestens zehn Milliarden Euro an frischem Kapital benötigen. Die Gläubiger fordern von Athen unter anderem, Steuererleichterungen für Bauern abzuschaffen, Streiks durch neue Gesetze einzuschränken und den Arbeitsmarkt zu liberalisieren.

Eine Einigung ist Bedingung für ein drittes Hilfspaket in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro. Griechenlands Regierung will nach eigenen Angaben alle Versprechen einlösen, damit es zu einer Einigung mit den Gläubigern in den kommenden Tagen kommt. Danach solle das Abkommen vom Parlament - wahrscheinlich am 18. August - gebilligt werden, wie eine Regierungssprecherin sagte. Am Mittwoch solle damit begonnen werden, die Details des Abkommens niederzuschreiben.

Athener Börse macht Verluste

Griechenland bleibt wenig Zeit: Am 20. August muss der pleitebedrohte Staat 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank zahlen. Weil aufgrund der großen Differenzen zwischen den Verhandlungspartnern die Zeit für eine Einigung knapp wird, spekulieren griechische Medien bereits über einen neuen Überbrückungskredit.

Unterdessen erlitten die griechischen Banken am zweiten Tag hintereinander hohe Verluste an der Börse. Der Index konnte sich jedoch im Vergleich zum von Börsenmaklern ausgerufenen "Schwarzen Montag" stabilisieren: Bis zum Nachmittag gab es Verluste von etwa 2,29 Prozent, tags zuvor waren es noch mehr als 16 Prozent gewesen.

chr/sti (dpa, afp)