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Nicht zu retten: der Aralsee

Mathias Bölinger14. März 2006

Schiffswracks in Salzlandschaften, Hafenstädte, die nur noch der Wüstenwind erreicht: Seit den 1960er Jahren ist der Pegel des Aralsees in Asien um 20 Meter gesunken, große Teile des Sees sind biologisch tot.

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Das Wasser ist weg, die Schiffe sind noch daBild: Picture-Alliance / dpa
Baumwollernte in Usbekistan
Baumwollernte in UsbekistanBild: dpa

Der Grund für das Austrocknen des Aralsees wird als Feinripp-Unterhemd und Sommerkleid durch die Welt getragen: Baumwolle wurde in Zentralasien schon zur Zarenzeit angebaut. In der Sowjetunion wurde der Anbau dann drastisch ausgeweitet. Vor allem in der Chruschtschow-Ära entstanden in den trockenen Ebenen Kasachstans, Turkmenistans und Usbekistans riesige Baumwollplantagen.

Die Plantagen wurden mit Wasser aus den Flüssen Syr-Darja und Amu-Darja versorgt. Doch die beiden Flüsse sind auch die Wasserlieferanten für den Aralsee. Beide Flüsse führen nicht genug Wasser, um die riesigen Plantagen zu bewässern. Außerdem sind die Bewässerungsanlagen veraltet, man schätzt, dass bis zur Hälfte des Wassers in nicht betonierten Kanälen und veralteten Bewässerungsanlangen versickert. Seit den 1960er-Jahren ist der Aralsee deshalb auf ein Viertel seiner ursprünglichen Fläche geschrumpft.

Energieproduktion und Bewässerung

Aralsee
Die Verlandung schreitet voranBild: Picture-Alliance / dpa

Verschärft wird die Situation seit dem Ende der Sowjetunion durch Streitigkeiten zwischen den zentralasiatischen Staaten: Am Unterlauf der Flüsse brauchen Usbekistan, Turkmenistan und Kasachstan das Wasser, um ihre Plantagen zu bewässern. Am Oberlauf nutzen die rohstoffarmen Länder Kirgisien und Tadschikistan das Wasser zur Stromerzeugung.

Salzpfütze am Aralsee
Salzpfütze am AralseeBild: Mikael Hertoft

Energie wird im Winter gebraucht, Bewässerung im Sommer. Das Wasser, das die Bergländer im Winter aus ihren Stauseen ablassen, um ihre Turbinen zu betreiben, fehlt den Steppenländern im Sommer auf den Baumwollfeldern. In der Sowjetunion mussten die rohstoffreichen Steppenländer den Bergländern deshalb Gas liefern und bekamen dafür großzügige Wasserquoten zugesichert. Diese sowjetischen Vereinbarungen gelten zwar heute offiziell weiter. Aber niemand hält sich mehr daran.

Geschätzte Lebenserwartung: 15 Jahre

Die Steppenländer liefern zu wenig Gas, dafür lassen die Bergländer im Winter mehr Wasser in ihre Turbinen laufen. Gleichzeitig haben die Steppenländer am Unterlauf der Flüsse ihre Baumwollplantagen ausgeweitet und überschreiten ihre Entnahmequoten. Statt sich um eine effektivere Nutzung zu bemühen, beschuldigen sie jeweils den anderen, zu viel Wasser zu entnehmen. Unsinnige Projekte wie der Bau eines künstlichen Sees in der turkmenischen Wüste verschärfen das Problem zusätzlich.

Aralsee
Auf dem NASA-Satellitenfoto wird die Verlandung des Aralsees sichtbarBild: Picture-Alliance / dpa

Um zumindest den sowjetischen Zustand wieder herzustellen, müssten die Länder eng zusammenarbeiten. Doch die Regierungen der zentralasiatischen Staaten misstrauen sich gegenseitig. Den Aralsee würde allerdings auch die Rückkehr zu den sowjetischen Quoten nicht retten. Schon zu Sowjetzeiten war klar, dass der See in absehbarer Zeit verschwinden wird. Das wird nun wohl noch schneller passieren. Experten geben dem Aral höchstens noch 15 Jahre.