"Obama ist nicht Charlie"
12. Januar 2015"Wir hätten jemanden mit einem höheren Profil schicken sollen", gestand Josh Earnest, Sprecher von Präsident Barack Obama, in Washington ein. Dass die USA felsenfest zu ihren französischen Verbündeten hielten, stehe allerdings außer Frage. Der amerikanische Präsident wäre gern nach Paris gereist, so Earnest weiter. Doch angesichts des gewaltigen Sicherheitsapparats, der für einen Besuch Obamas in Gang gesetzt werden muss, sei das bei der kurzfristigen Planung kaum möglich gewesen.
Außenminister John Kerry bemühte sich während einer Indien-Reise um Schadensbegrenzung. Er wolle Ende der Woche nach Paris reisen, um Solidarität zu zeigen. Allerdings finde er die Fragen nach seiner Abwesenheit "ein bisschen kleinlich", fügte Kerry hinzu.
"Welt im Stich gelassen"
US-Medien hatten scharf kritisiert, dass Obama nicht wenigstens seinen Stellvertreter Joe Biden - ansonsten ein Vielflieger - nach Paris geschickt hatte. Besonders verwirrend: Justizminister Eric Holder war am Sonntag zwar zu einem Polittermin in Paris - aber dennoch nicht zum Trauermarsch gekommen. Nur Jane Hartley, die US-Botschafterin in Frankreich, marschierte beim Gedenken an die 17 Toten der Terroranschläge mit.
"Sie haben die Welt im Stich gelassen", titelte das Boulevardblatt "New York Daily News" und zeigte Bilder von Obama, Kerry, Biden und Holder. Das Online-Magazin "Politico" schrieb, die Entscheidung des Präsidenten sorge für Stirnrunzeln. "Barack Obama ist nicht Charlie - zumindest war er es dieses Wochenende nicht", heißt es auf der Website mit Blick auf die Solidaritätsbekundung "Je suis Charlie", die nach dem Anschlag auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" um die Welt ging. Noch härter ging der Obama-kritische TV-Sender "Fox News" mit dem Staatschef ins Gericht: "Präsident Obama ist am Sonntag vom Posten des Führers der freien Welt moralisch zurückgetreten."
wa/jj (dpa, afp, rtr)